Anfang des Jahres ließen Matt Flegel und Mike Wallace aus der Asche der Band Woman eine neue Truppe namens Viet Cong entstehen. Das erste Lebenszeichen war die Cassette EP.
Im Laufe der darauf folgenden Monate trug die Band sieben Stücke zusammen, die sich schließlich auf dem Debütalbum wiederfinden sollten. Bereits im Oktober letzten Jahres veröffentlichten sie ihren Song Continental Shelf, eine kratzige Postpunk -Nummer mit verzerrten Gitarren und krachigem LoFi-Charme. Ein großartiger Song, angereichert mit einer tollen Melodie und einer großen Prise Joy Division.
Der zweite vorab zu hörende Song hieß Silhouettes und klang ähnlich, zeigte aber auch andere Qualitäten. Hier hört man klare Einflüsse von Interpol.
Als ich dann zum ersten Mal das komplette Album hörte, war ich etwas ernüchtert. Ich hatte ein Feuerwerk an mitreißenden Songs erwartet, die in einem ähnlichen Stil daher kommen und mich fortreißen. Leider war dem nicht so.
Der Einstieg in dieses Album ist sperrig, das folgende March Of Progress lässt sich viel Zeit und mündet dann in ein stampfendes Etwas, welches mich erst zum Ende hin in Verzücken versetzt. Vielleicht ist March Of Progress nicht nur ein Songtitel, sondern auch ein Hinweis: das Geheimnis ist wie immer die Zeit.
Diesen kantigen Kompositionen muss man Zeit lassen. Also ließ ich mich auf das Album ein. Ich ließ die Band Gitarrenwände vor mir aufbauen und geschickt verschachtelte Feedbackschleifen verlegen. Und ich gewährte ihnen als Bauherr im Geiste die Zeit, ihr Haus fertig zu stellen.
Als die Bauarbeiten abgeschlossen waren und ich zum ersten Mal das fertige Gebäude betrat, war ich überwältigt. Auf einmal passte alles zusammen, es ergab Sinn. Egal welcher Song oder welcher Takt sich vorher noch mit Händen und Füßen gewehrt hat: das Gesamtkunstwerk ist ein stimmiges Gebilde aus Post-Punk-Gitarren, krautigen Schlagzeugschleifen und düsteren Goth-Elementen.
Viet Cong ist ein bemerkenswertes Debüt; sperrig, eigenständig und fordernd. Ich habe es mir hier häuslich eingerichtet, und auch wenn es aufgrund der verwendeten Materialien niemals kuschelig sein wird: ich fühle mich äußerst wohl.
8/10
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