Seitenwechsel #27 – Tending to Huey

Vor etwas über einem Monat stellte sich eine Band via E-Mail bei mir vor: Wir sind TENDING TO HUEY aus Würzburg. Und immer wenn ich Zeit habe, höre ich mir die Musik der jeweiligen Künstler an. So auch in diesem Fall. Die Songs hatten was. Ich zögerte also nicht lange und platzierte ihren Song „Micromastia“ in einer Wolkig…-Ausgabe. Und wie bei fast jeder interessanten Band aus Deutschland fragte ich an, ob vielleicht Interesse besteht, einen kleinen Einblick in den Alltag einer kleinen, noch unbekannten Band zu geben. Nach ein paar E-Mails war es dann soweit: ein toller Artikel liegt vor mir, der mir wieder einmal zeigt, das es da draußen immer noch Begeisterung und Herzblut gibt. Viel Spaß beim Lesen!

Die Anfänge
Manuel hatte ein paar Nummern für Akustikgitarre gemacht, eher so Singer/Songwriter – mäßig, Daniel bereits viel mit Samples getüfftelt. Auf Manuels Vorschlag versuchte man beides in einen Topf zu werfen, um zu schauen was dabei herauskommt. Ursprünglich war da eher so ganz softes Zeug à la The Notwist geplant, was sich aber mit der Zeit recht schnell in experimentellere, eher roughe Gefilde entwickelt hat; schließlich kommen wir ursprünglich aus der Postrock bzw. Metal-ecke, was wir auch unterschwellig spürbar machen wollten. Deshalb auch die Entscheidung echte Drums und echten Bass einzusetzen.

Wir haben dann ein kleines Demo aufgenommen und sind fast zeitgleich auf Michael gestossen. Da er zu dem Zeitpunkt ohne Band dastand und ein Wahnsinns-Drummer ist, haben wir ihn gleich angeheuert. Somit lag auch die Idee recht nahe, mit zwei Drumsets zu experimentieren, was wir bis heute bei den meisten Songs auch beibehalten haben.

Mit dem plötzlich gewonnenen „Band-Gefühl“ haben wir ganz flott die ersten Songs entwickelt und haben uns im Tonstudio verkrochen, um unser erstes Album Beteigeuze auf die Beine zu stellen. Seitdem betreten wir als „Tending to Huey“ jede Bühne, die wir bespielen dürfen.

Kurz vor Vollendung unserer aktuellen Platte Poison Apple stieß Christian als festes Mitglied zu uns und bereichert unser Liveset seitdem durch Synthie, Keyboard, Gitarre und Bass.

Die Songs
Für unsere Songs gibt es kein festes Rezept. Eine Songidee entsteht im Kopf, beim Herumklimpern oder basiert auf einem Sample. Daniel und Manuel schicken sich per Internet Demos und Songfragmente zu, bis daraus ziemlich fertige Grundgerüste entstehen. Meist ist das dann eine Samplespur, oder eine Klavier- oder Gitarrenline plus Gesang. Danach geht es damit ab in den Proberaum und wird mit den anderen ausgearbeitet, um den Song dann im Studio vollenden zu können. Dann kommt der schwierigste Part: Das Ganze erneut proben um es bühnentauglich zu machen. Welche Instrumente kommen live? Wer spielt was? Welche Sounds kommen vom Band? Somit wird der Proberaum erst wirklich wichtig, wenn die Songs bereits fertig sind.

Aufgrund der Tatsache, dass wir alle weit auseinander wohnen, hat sich das als gängigste und einfachste Songwritingmethode eingependelt, was aber nicht so bleiben muss. Wir freunden uns auch gerade mit der Idee an, einfach mal wieder oldschool Songs beim Jammen entstehen zu lassen. Vom Komplexen hin zum Einfachen, quasi.

Was die Stilistik angeht: da sind wir ebenso frei. Alles geht, nichts muss. Pop bleibt das Ziel, interessant muss es sein, aber es soll greifbar und nachvollziehbar bleiben!

Die ekelhafte Kohle
Unseren Lebensunterhalt müssen wir nach wie vor mit Jobs oder kleinen Nebenjobs verdienen (viele von uns sind Studenten). Das geht auch ganz gut, keiner von uns nagt ernsthaft am Hungertuch. Eigentlich ist heutzutage wohl jedem Musiker klar, dass es nur noch den wenigsten vergönnt ist, ernsthaft von der Musik leben zu können. Leider kostet das Musikerdasein vor allen Dingen auch ’ne Stange Geld. Von der CD-Produktion, Instrumenten, Verschleißteilen bis hin zu den horrenden Fahrtkosten um zu den jeweils wichtigen Orten zu gelangen. Wenn sich das eines Tages decken lassen würde, wäre das ein Segen!

Das Ziel
Unser Ziel für unsere Musik ist es im Moment ganz konkret Partner zu finden, die unser aktuelles Album „Poison Apple“ publik machen. In welcher Form auch immer. Wir sind ziemlich stolz auf unser Werk und wissen, dass da viel Potenzial drin steckt. Das Feedback das wir bekommen ist richtig gut, und kalt lässt es die wenigsten. Es wissen nur zu wenig Leute davon. Deshalb benötigen wir Hilfe.

Weiterhin versuchen wir immer noch, so viele Konzerte wie möglich zu spielen. Eine kleine Tour oder mal die eigene Musik auf Vinyl zu pressen bleiben große Ziele für uns!

Das Musikerdasein
Abseits von erwähntem Geldmangel lieben wir es Musik zu machen. Auch wenn nichts damit verdient ist, bleibt es gut fürs Seelenheil. Nichts macht uns so glücklich wie neue Songs oder eine gute Liveshow.

Das Musikbusiness
Wir erfahren es ja gerade wieder am eigenen Leib.: die Industrie ist stark geschädigt. Es gibt kaum Labels, die noch risikobereit sind und auch mal etwas wagen, geschweige denn den Mut oder die Möglichkeit haben, eine Band aufzubauen. Der Markt ist übersättigt an Musik und viele talentierte Bands stehen ohne Unterstützung da. Geld wird allenfalls noch mit Plastik gemacht. Allerdings entstehen ja gerade dadurch wieder interessante Begleiterscheinungen. Der Konsument sucht sich seine Lieblingsmusik selbst und bekommt nicht mehr nur vorgesetzt. Bands müssen sich mehr anstrengen um wahrgenommen zu werden, und somit bekommt man oftmals auch echt gute Konzerte von „kleinen“ Acts zu sehen. Überhaupt sind Konzerte immer noch gut besucht. Und was die Musikvermarktung angeht… wir sind sicher, dass sich auch da wieder ein neues Türchen auftut.

Die Streamingangebote
Wir sind eigentlich alle noch Fans von originalen Tonträgern und Jäger und Sammler was das angeht. Dennoch nutzen auch wir die Möglichkeit, Sachen vorab übers Internet anzuchecken. Das Schöne ist ja eben, dass man heutzutage nicht mehr die Katze im Sack kaufen muss, sondern bequem Sachen vorab anhören kann. Dass das Ganze mit den Streamingangeboten nun auch legal möglich ist, macht es umso leichter. Christian jedenfalls ist großer Spotify-Fan!

Dennoch bleibt für uns: Wenn wir was gut finden und die Chance haben, es auch physikalisch zu erstehen, dann wird das gemacht. Sieht einfach besser aus im Regal und besitzt für uns eine andere Wertigkeit! Auch wenn es ein bisschen altbacken oder nerdy ist…

Das Tourleben
Leider können wir vom Tourleben nicht viel berichten, da wir noch nicht das Vergnügen hatten eine spielen zu dürfen. Es ist auch schwierig, weil wir allesamt noch Beschäftigungen nachgehen, die Konzerte unter der Woche ausserhalb der Ferienzeit quasi unmöglich machen. Somit bleiben uns nur die Wochenenden. Wenn wir also zwei Gigs nacheinander spielen können, ist das die einzige Form von „Tour“ die wir kennen.

Das sieht dann so aus:

  • Wir treffen uns alle am Proberaum
  • stopfen viel zu viel Equipment in viel zu kleine Fahrzeuge
  • Parken uns selbst noch zwischen Cases, Rucksäcke und Beckenständer, in der Hoffnung nichts davon im Genick wiederzufinden
  • Schmeissen Mixtape oder Shufflemode an
  • fotografieren uns selbst
  • essen diverse Snacks zwischen Kichererbsenaufstrich und Junkfood
  • kommen nach langer Fahrt im besten Falle in einer tollen Stadt an
  • lernen durchweg tolle Menschen kennen
  • treiben den Mischer mit Sonderwünschen zur Weissglut
  • bauen unseren Kram auf
  • fotografieren uns wieder gegenseitig beim Catering
  • spielen die Show
  • sind im besten Falle glücklich und zufrieden mit uns
  • bauen ab und packen ein
  • sagen „Danke“ und failschen um die Gage
  • schlagen alle verlockenden Schlafmöglichkeiten aus, weil mindestens einer von uns am nächsten Tag Verpflichtungen hat
  • fahren nach Hause
  • hören die Falco – Best – Of
  • bewundern uns selbst auf den Fotos
  • kommen am Proberaum an und laden aus
  • schlafen und am nächsten Tag fährt jeder wieder nach Hause

Man kann es glauben oder nicht: Wir lieben das!

Die Heimatszene
Auch wenn wir keiner wirklichen Szene angehören, gibt es natürlich eine lebhafte Musikszene vor der Haustür. Viele unserer Freunde sind eben auch Musiker und so kennt man sich eben. Wir jedenfalls checken immer regelmäßig, was die anderen so treiben und was so vor sich geht. Und natürlich freut man sich auch immer, wenn eine befreundete Band was Tolles reisst, oder man von einer Truppe, die man schätzt, zum gemeinsamen Konzert eingeladen wird. Als Heimatszene bezeichnen wir (trotz der verstreuten Wohnorte) Würzburg. Und hier gibt es auch trotz der kleinen Größe der Stadt einige talentierte Acts zu entdecken! Watch out!

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