Seitenwechsel #24 – xrfarflight

Ich präsentiere hier ja desöfteren Touren von Bands, die ich persönlich mag. Sei es per Banner oder durch Verlosung von Freikarten. Nun kam letztens die Anfrage eines freundlichen Promoters, ob ich nicht Lust hätte, die Hamburger Band xrfarflight zu präsentieren. Nach den ersten Höreindrücken war ich überzeugt und sagte zu.
Dann aber die Überraschung einen Tag später. Da meldete sich doch eines der Bandmitglieder bei mir und erzählte mir, das er auf meiner „Über mich“-Seite gelesen hätte, das ich aus Ocholt komme. Und nun ratet mal, aus welchem kleinen Kaff dieser Musiker kommt? Richtig! Und nicht nur das, er ist der Sohn des Pastors, bei welchem ich damals meine Konfirmation hatte. Klein ist die Welt. Natürlich fragte ich Daniel, ob er Lust auf einen Seitenwechsel hätte. Hatte er. Viel Spaß bei diesem sehr interessanten Einblick!

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Daniel (xrfarflight):

Natürlich haben das Internet und damit verbundene musikwirtschaftliche Neuerungen viele „alteingesessene“ Strukturen geschwächt und teilweise sogar lahmgelegt (Plattenläden, Mailorder, Fanzines etc…), bieten auf der anderen Seite ein riesiges Arsenal an Möglichkeiten für Musiker – all dies wurde hier und anderswo schon viel und gut besprochen und diskutiert.

Mir fällt in dieser Dikussion aber immer wieder ein anderer Fragenkomplex vor die Füsse: Musik und das Machen selbiger ist für mich als Musiker Lebensinhalt, eine erfüllende und glücklich machende Angelegenheit. So weit, so gut. Doch wer macht die „andere“ Arbeit – die ein genauso wichtiger Teil wie das Musikmachen selbst ist, wenn man als Band etwas gebacken kriegen will??? Wer kümmert sich um Auftrittsmöglichkeiten, wer um die Werbung für eine neue Platte, wer sorgt für den Vertrieb, sowohl physisch als auch digital? Wie ist man als Band heutzutage „präsent“? Bei allen Fragen zur aktuellen musikwirtschaftlichen und sonstigen Lage einer Musikerexistenz sind diese Fragen essentiell.

Man kann schneller und leichter mehr machen, dafür wird in den meisten Fällen die Wirkung geringer sein.Und in diesem Bereich hat sich für die Musiker nicht viel geändert, aller Veränderung anderer Umstände zum Trotz. Nach wie vor gibt es da die altbekannten 2 Möglichkeiten (Mischformen inklusive) – DIY oder „Profis machen lassen“. DIY ist heutzutage besser möglich denn je, hat aber angesichts der Riesenschwemme an Internet-Inhalten auch einen viel höheren „Verdunstungsfaktor“ als früher. Man kann schneller und leichter mehr machen, dafür wird in den meisten Fällen die Wirkung geringer sein.
Ausserdem frisst DIY genausoviel Energie wie eh und je (was könnte man in der Zeit, die für das Buchen eines Konzertes draufgeht, alles für Lieder schreiben? Hach…). Die „Profis“ in Form von Bookern, Promotern, Verlags-, Vertriebs- und Labelleuten muss man kennen. Und sich auch noch gegenseitig toll finden. Hat auch und immer noch viel mit Glück zu tun.

Ich denke, dass es heutzutage für Musiker nicht mehr oder weniger möglich ist, mit oder sogar von ihrer Musik zu leben, wie schon vor etlichen Jahren, es hängt eben nach wie vor sehr stark davon ab, in welchen Strukturen man sich bewegt, was für ein Umfeld einen umgibt, wer einer Band hilft, sei es finanziell oder mit der eigenen Arbeitskraft. Und da sind wir Musiker entweder zur Selbstausbeutung aufgerufen oder Anderen ausgeliefert. Oft erlebe ich das Abfeiern oder Beklagen musikwirtschaftlicher, internetzischer oder sonstiger musikrelevanter Neuerungen als Verschiebungen, mit denen man sich sehr gut von obigen Fragen ablenken kann. Und diese Fragen und ihre Antworten tragen doch arg zum Glück oder Un-Glück einer Musikerexistenz bei. …Wobei natürlich das Musizieren selbst doch immer noch am glücklichsten macht :-)…

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xrfarflight verschenken ihre tolle EP „Producing Dust“ via Bandcamp. Im März kommt das mittlerweile zweite Album.

http://bandcamp.com/EmbeddedPlayer/album=3376252510/size=venti/bgcol=FFFFFF/linkcol=990000//

xrfarflight: Homepage | Bandcamp

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Was soll das hier? Wir sitzen auf der einen Seite. Wir hören Musik umsonst, bei Streaming-Anbietern wie last.fm, Spotify, roccatune. Wir kaufen die ein oder andere Platte oder bezahlen für einen Download. Wir gehen auf Konzerte, kaufen Merchandise-Artikel und bezeichnen uns als Fans. Wir lesen Blogs, wir kennen die Hype Maschine und diverse Onlinemagazine. Und, wenn wir ehrlich sind, dann laden wir auch das eine oder ander Musikstück illegal herunter. Das ist unsere Seite.

Und auf der anderen Seite sitzen die Musiker. Denn die Musikindustrie ist genau genommen nur der Vermittler. Sicherlich ein wichtiger Vermittler, der eine Menge falscher Entscheidungen getroffen hat und trifft, und den man mitunter auch verachten kann. Aber auf der anderen Seite sitzt meines Erachtens der Künstler. Und dessen Meinung zur aktuellen Lage der Industrie geht in meinen Augen sehr oft einfach unter. Dabei wäre es doch gerade interessant zu erfahren, wie Musiker heutzutage leben, womit sie ihr Geld verdienen, wieviel Herzblut mit jedem nicht verkauften Album verloren geht, wie anstrengend das dauernde Touren ist, woher das Durchhaltevermögen kommt, warum man sich das überhaupt antut.

Und aus diesem Grund möchte ich die Musiker fragen. Ich bitte ausgesuchte Künstler, auf meinem Blog ihre Meinung kundzutun. Ihre Meinung zu Fans, zu illegalen Downloads, zu ihrem Arbeitsumfeld, ihrer Lebenssituation, der Musikindustrie, dem Musikerdasein. Dabei sind sie in Form und Inhalt völlig frei. Ob das nun ein kurzes Statement ist oder ein Kurzroman, ich mache keine Vorgaben.

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