Dieses Album fordert. Muße, Geduld und Offenheit. Dafür belohnt es den Zuhörer mit überwältigender Musik abseits ausgetretener Strophe-Refrain-Klischees.
Es beginnt bedrohlich. Geisterhafte Sounds lassen Bilder von wabernden Nebelschwaden aufsteigen, und mein durch hunderte Metalalben programmiertes Gehirn sieht schon das alles zermalmende Riff vom Kaliber Bolt Thrower durch die feindlichen Linien walzen, als plötzliches Stimmengewirr den Nebel lichtet. Dann: wuchtige Toms und eine glasklare Stimme. Nick Principe heißt der Mann hinter dieser Stimme und auch hinter diesen Sounds. Ein Kindheitsfreund von Pete Silbermann, dem Frontmann der Antlers. In deren Vorprogramm konnte man Principe im letzten Jahr bereits bewundern.
Man könnte denken, das hier eine eingespielte Band am Werke ist, aber soweit ich weiß, hat der Künstler aus Brooklyn das Album komplett selber eingespielt. Und auch wenn er einen Großteil der Songs über die Fünf-Minuten-Grenze schiebt, so schafft er es durch seine luftigen, fließenden und leicht anmutenden Arrangements, die Spannung aufrecht zu halten. Wohldosiert und an genau den richtigen Stellen setzen zarte, aber einnehmende Melodien ein. Mein absoluter Favorit in dieser Hinsicht: das dramatische „Tourist“.
Um ehrlich zu sein: alles Geschreibsel meinerseits kann euch nicht annähernd die Erfahrung nahelegen, die mit dem Genuss dieses Werks einhergeht. „Holiday“ ist ein phänomenales Album, welches sich mit jedem Melodiebogen, jeder gesungenen Zeile in eure Seele schleicht. Ein Album wie gemacht für gute Kopfhörer. Keine Ohrstöpsel, oh nein, diese Musik braucht Ohrmuscheln, Zeit und eine bequeme Position. Der Lohn: ihr werdet die Zeit, den Stress, den Alltag und alle Sorgen hinter euch lassen und in etwas Großartiges eintauchen.
Kommentare
ohne mist, ich habe gerade das Largo aus dem Piano Concerto No. 4 (G Minor, Op. 40: II) von Rachmaninov gehört. Deine Zeilen führten mich zwangsläufig zum Albumstream von Port St Willow. Rachmaninov verstummt, aber die Stimmung bleibt im Geiste. Und ohne Mist, das ansteigen des Stimmengewirrs, des Rauschens, es klingt für mich als würde irgendwo im Hintergrund, mit viel viel Hall, Herr Rachmaninov weiterspielen.
Jetzt während ich die Zeilen schreibe wechselt soundclout zum 2ten Track, die von Dir angekündigten Toms kommen, mittlerweile auch (etwas) mehr Struktur und eine tolle Stimme.
Vielen Dank für diesen Tip!
und ja, ich lausche mit schönen, sehr alten großen Kopfhörern mit riesenhaften Holz-Ohrmuscheln, mit weißem Leder bezogen, mit 5-pol-Stecker und einem ganzen Wirwar an Adaptern bis es den Weg zu Computer und Soundcloud findet 🙂
Ich hoffe ich finde in kürze die Muße mir das ganze Album mit den Kopfhören anzuhöhren. Jetzt ist leider erst einmal Feierabend.
Na gut, auf Deinen Tip höre ich mir auch Tourist noch an bevor es heimgeht…
DankesGruß,
Carsten
Bin sehr gespannt, wie dir das komplette Album nach mehreren Durchläufen gefällt.