Peter Doherty – Hamburg Demonstrations (Review)

Anfang des Jahres 2014 traf Peter Doherty in Hamburg den gleichaltrigen Produzenten Johann Scheerer. Dieser betreibt im Stadtteil Rothenburgsort ein Studio mit angeschlossener Wohnung.

Doherty verliebte sich sofort in das Studio und das Appartement, zog ein und wohnte dort für mehrere Monate. Immer wieder ging er ins Studio, um eine Reihe von Songs aufzunehmen, die weder zu den Libertines, noch zu den Babyshambles passten.

Als er zwei Jahre später nach der erfolgreichen Reunion-Tour mit den Lbertines nach Hamburg zurückkehrte, stellte er erfreut fest, dass Johann Scheerer seine Demos in fast fertige Songs verwandelt hatte.

Hamburg Demonstrations vereint alte und neue Songs

Gleich im ersten Song Kolly Kibber dominieren feinfühlige Akustikgitarren und eine dieser wie zufällig klingenden Melodien, für die ich Doherty verehre. Inhaltlich bezieht sich der Song auf einen Charakter aus dem Roman Brighton von Grahamn Greene.

Für Libertines-Fans ist vor allem der letzte Track des Albums äußerst spannend. Die sensible Ballade She is far schrieb Doherty bereits als Teenager, noch bevor seine erste Band je eine Platte veröffentlichte. Der Song wird schon seit über 15 Jahren online schwarz gehandelt, wurde bis jetzt jedoch noch nie in einem professionellen Studio aufgenommen.

Zwischen diesen beiden Polen hören wir die ganze Bandbreite von Dohertys Können. Honky Tonk dominiert den Song Hell To Pay At The Gates Of Heaven, der die Anschläge von Paris behandelt.

Das großartige Birdcage schlingert zwischen Libertines-Schnoddrigkeit und einem dieser langgezogenen Refrains von Placebo, was vor allem an Duett-Partnerin Suzie Martin liegt.

I Don’t Love Anyone gibt es gleich in zwei Versionen auf dem Album: einmal dezent optimistisch und einmal getragen melancholisch. Mir gefällt die erste Version besser, und ob die kitschigere zweite Version wirklich nötig war, wage ich zu bezweifeln.

Dramatisch wird es schließlich mit Oily Boker. Ein vielschichtiger, über fünf Minuten langer Song, der in einem dramatischen Finale gipfelt.

Mit Hamburg Demonstrations ist zum Ende des Jahres tatsächlich noch einmal ein richtig gutes und berührendes Album erschienen. Herzschmerz oder Politik: Doherty klingt immer noch wie Doherty. Der schnoddrige und sensible Songwriter zeigt sich auf seinem zweiten Solo-Werk von seiner besten Seite.


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