Musikwirtschaft erneut mit Umsatzrückgang

Die deutsche Musikwirtschaft hat das Jahr 2005 mit einem erneuten Umsatzrückgang abgeschlossen. Mehr zu den genauen Zahlen gibt es bei Golem, Musikwoche oder hier direkt als PDF von der IFPI. Die Schuldigen sind schnell ausgemacht: illegale Filesharer.

Ich frage mich nur eines: die Anzahl der bezahlten Downloads ist um den Faktor 2,3 gewachsen, der prozentuale Anteil der Downloads am Gesamtumsatz nimmt zu, der der Singles nimmt ab. Eine Single (bzw. Maxi) kostet so um die 5 Euro, ein Download so um 1 Euro. Bin ich blöd, oder ist da ein Umsatzrückgang nicht die logische Konsequenz? Außerdem sank der Gesamtmarkt inklusive der nicht im Phonoverband organisierten Firmen nur um 0,4 Prozent. Ist dieser Rückgang nicht bloß ein Zeichen des Wandels, weg von der CD-Single, hin zum Download?


Kommentare

16 Antworten zu „Musikwirtschaft erneut mit Umsatzrückgang“

  1. Danke liebe Raupkopierer. Ich habe bei meinem letzten Lebensmitteleinkauf festgestellt, dass Tonträger ein der wenigen Konsumgegenstände ist, welche in den letzten 10 Jahren nicht teurer geworden sind. Trotz DM/€ -Wechel und was weiß ich alles für Faktoren. So stellen wir fest, dass Lebensmittel (sogar mein geliebtes Bier) ständig teurer wird, mit der neuen Währungsich teilweise verdoppelt haben. Mal ganz zu schweigen von den gerade so heftig diskutierten Energiepreisen. Aber vor 10 Jahren habe ich mir eine Single im Musikgeschäft für 10 DM gekauft und heute kostet sie um die 5€. Nun wird das kein Geschenk der Musikindustrie sein, die Ihre Einsparungen durch steigernde Produktivität an uns Verbraucher weiter geben. (Vielleicht wage ich mich da zu weit aus dem Fenster hinaus). Nein, ich denke vor allem durch die Entwicklung der Raupkopieen im Internet wurde ein sehr großer Druck auf die Musikindustrie ausgeübt. In diesem Zusammenhang muss ich leider feststellen, dass im Gegenzug die Tickets für Musikkonzerte teurer werden. Jaja, die steigenden Energiekosten, aber vielleicht auch das Ausweichen auf einen Markt, der sich nur sehr schwer von Raupkopierern durchdringen lässt. Eine Videoaufnahme allein reicht da nicht aus. Ich danke also den Raubkopieen für die stabilen Preise, kaufe aber trotzdem neue Musikalben ganz legal.

  2. > Louis XIV wrote:
    > Produziert von Fremantle Media (wer ist das denn?)

    Ganz simpel: Ursprünglich „Pearson Television“, dann mit CLT-UFA gemergt und dann zum Medienkonzern RTL hinzugefügt:

    „FremantleMedia adopted as new company name for the production division of RTL Group after merger of Pearson Television and CLT-Ufa in 2000.“ [http://www.fremantlemedia.com/page.asp?partid=9]

    Und zu wem gehört RTL? Richtig, Bertelsmann. Und wenn man sich mal ansieht, was noch alles zu Bertelsmann gehört, dann sieht man welchen enormen Umsatz der Konzern weltweit (!) mit dem PopIdol Format (das ja nicht nur auf Germany begrenzt ist) schiebt. (BMG, Verlage, Auslieferung von Merchandising Produkten, usw…)

    In diesem Fall muss ich dir also vorbehaltlos zustimmen: Musik ist in vielen Fällen nur noch eine Seelenlose Hülle, unter deren Deckmantel Masssenhaft Geld gescheffelt wird.

    Was die Rechte an den Beatles angeht:
    Scheinbar sind die immer noch im Besitz von MJ, der 50% daran hält. Die anderen 50% halt Sony/ATV. Angeblich dienen sie MJ immer noch als Sicherheit für einige Kredite/Geldgeschäfte/wasauchimmer.

  3. Hallo, Hut ab, sehr interssante Beiträge zu einem wichtigen Thema. Da ich bei einem lokalem Radiosender als Musikredakteur arbeite und auch nebenher eine eigene Sendung produziere vielleicht noch eine Anmerkung. Da wir auf Grund des Medienrechts ein anderes Programm als die öffentlichen und Privaten Radiosender bringen müssen ist, habe wir uns bezügl. der Musik rigorpos auch gegen den Mainstream entschieden. Und siehe da, es klappt hervorragend. Von den zig Bemusterungs-CD’s die wöchentlich hier eintrudeln kommen die wirklichen Perlen von Klein -und Kleinstlabel oder den Musikern direkt. Ich glaube auch, das sich der Musikmarlkt (Industrie) sich immer weiter aufsplittern wird und sich die Globalen Player damit gegnügen den Mainstram-Schrott unters Volk zu bringen. Mir kann`s Recht sein.

  4. Ja, doch, da war mal was…. ich glaube, Jacko musste dann aber irgendwann wieder verkaufen, als der Pleitegeier zum Landeanflug angesetzt hat. Kann ich mich jetzt aber nicht mehr genau dran erinnern – vielleicht weiss jemand Anderer mehr?

    @Con: Danke für das nette Feedback *rotwerd*

  5. Von mir gibs ein „Wow“! Sehr gut zusammengefasst und auf den Punkt gebracht! Datt wird erstmal weiter in die Welt getragen!
    Nebenfrage: Hatte nicht Michael Jackson vor etlichen Jahren dem Paule die ganzen Rechte „vor der Nase weggekauft“?

  6. Avatar von nicorola

    Oha, Louis XIV: , das „Uff“ hast Du dir verdient. Das muss ich mir erstmal in Ruhe durchlesen.

  7. *Bleistift spitz*

    Hallo Simon,

    zunächst muss ich mich mal bei Dir (und allen Mitlesern) entschuldigen – ich habe meinen vorigen Beitrag nochmals durchgelesen, und da habe ich mich reichlich unklar ausgedrückt, was die aktuelle und zukünftige Lage am Musikmarkt betrifft. Ich will mal versuchen, das zu korrigieren…

    Zu den gegensätzlichen Entwicklungen, die Du sehr treffend beschreibst, muss ich Dir absolut recht geben, das ist so und wird sich noch weiter verstärken. Was nun die „Gatekeeper-Funktion“ der LAbels anbelangt, will ich mal versuchen, den „klassischen“ Weg anhand einer Band und die Rolle eines Majors dabei nachzuzeichnen.
    Zunächst wäre da ein Haufen Musiker, die Rockstars werden wollen. Das kostet nciht nur viel Geld, sie brauchen auch die richtige Connection zu RAdio und TV, Profis in Sachen Werbung, Marketing und Vertrieb, ein vernünftiges Studio und vor allen Dingen ein klares Konzept, das auf eine Spanne von zunächst wenigstens 5 JAhren ausgelegt ist. All das haben sie nicht, Geld am allerwenigsten. Sie haben die Wahl, sich entweder „nach oben zu spielen“ (auch dafür braucht es Disziplin, Können und ein Konzept), weiterhin in kleinen Clubs aufzutreten und das Ganze als nettes Hobby zu betreiben – oder sich an ein Label zu wenden. Um die ganzen Bewerbungen und Demos, die täglich bei einem A&R landen, sinnvoll zu filtern haben die Labels ein, nenne wir es mal „Sortiersystem“, aufgestellt: Professionelle Präsentation (Pressemappe, Fotos, Demoband oder CD), gute Kritiken, nachweislich wachsende Fanbase, vorzeigbarer Abverkauf von CD’s und Merch – alles, was ein gutes und rentables Geschäft verspricht. Dazu gutes Songwriting, Disziplin, Stehvermögen, Kritikfähigkeit, Teamfähigkeit, nervliche und körperliche Belastbarkeit. Nehmen wir mal an, die Band wird unter Vertrag genommen, und lassen wir all die rechtlichen und finanziellen Aspekte mal beiseite. Wie kommt die Mucke unter’s Volk? Da wäre zum Einen die vorhandene Fanbase – aber ein paar tausend Verkäufe decken nicht mal die Kosten, vom Gewinn ganz zu schweigen. Also Werbung: Radio, TV, Auftritte bei Gottschalk oder Jürgen von der Lippe, Verträge mit Getränkeherstellern und Autobauern, die besten Plätze im Verkaufsregal, Berichterstattung in Musikmagazinen, Interviews im Rundfunk und und und… Damit das gut getimt ist und die CD’s auch wirklich im Markt stehen wenn die Kampagne anläuft braucht’s ein ausgefuchstes Vertriebsnetz und einen mächtigen Etat. Das haben nur die Majors in der Grössenordnung zu bieten. Daher können sie auch bis zu einem gewissen Grad bestimmen, wen sie zum Star machen (weil er gutes Geld verspricht) und wen nicht. Das muss nicht heissen, dass alle Andern leer ausgehen – Toursupport und Studio bekommen ja auch die Schattenstars. Soweit, so gut.

    Jetzt kommt die von Dir angesprochene Entwicklung ins Spiel: Das Internet bietet jedem Musiker die Möglichkeit, diesen ganzen Apparat zu umgehen und seine Musik direkt an den Kunden zu bringen. Millionen können die Musik hören, kaufen und weiterempfehlen. Das ist völlig richtig, und es ist für die Künstler eine ernstzunehmende Alternative. Folgerichtig beklagte (und beklagt) die MI Umsatzeinbussen, die bösen Raubkopierer und Schwarzbrenner, das Teufelswerk Internet im Allgemeinen und die illegalen Downloads im Besonderen. Was dabei geflissentlich verschwiegen wird: Es sind in erster Linie die Künstler, die die Verluste büssen müssen – durch die ausgefallenen Verkaufsmargen, schlimmstenfalls durch Vertragskündigung. Die Rechteinhaber (in aller Regel die Labels und deren Verlage) kassieren weiterhin – die Mucke läuft ja immer mal wieder im Radio, wird immer mal wieder aufgelegt oder gecovert. Und: bevor ein Künstler mal soweit ist dass er von den Downloads leben kann, die er selber anbietet, da fliesst noch viel Wasser den Bach runter. Ich verweise hier mal auf die Downloadplattformen, wo die Mucke im Grossen zu haben ist: Iuma.org, music.download.com, meinetwegen auch noch mp3.de. Das Angebot ist schier unüberschaubar geworden. Da blickt keiner mehr durch – viel zu viel Zeit und Arbeit, sich da durchzuwursteln und *vielleicht* mal was zu finden, wo man auch für zahlen wollte. Wer will das noch sortieren? Oder wer surft zeillos stundenlang durchs Netz und sucht nach unbekannten Bands? Da müsste schon wieder gezielt beworben werden – wenn der Künstler nämlich auch langfristig was von seinen Songs haben will muss er nicht nur bekannt werden (und verkaufen), sondern er muss die Songs auch bei der GEMA melden. Ist ja auch klasse. Aber: wenn er die gemeldeten Songs jetzt auf seiner Webseite zum Anhören und Downloaden einstellt muss er GEMA zahlen. Kurios, ne. Er bekommt die Kohle (abzüglich der Gebühren) zwar wieder, aber er muss trotzdem erstmal latzen. Eine weitere Kehrseite der Medaille ist die Tatsache, dass gerade dadurch, dass *jeder* das machen kann (und viele das auch tun) unendlich viel Müll auf den Servern liegt und die wirklich guten Sachen oft einfach durch die schiere Masse begräbt.
    Die Masche mit der GEMA hat sich auch die MI gestrickt – und private Internetradios verklagt, die „ihre“ Musik gesendet haben. Wenn Du als privater Betreiber plötzlich eine Klage von, sagen wir mal, 2,5 Millionen wegen unerlaubter Aufführung am Hals hast gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: Abschalten. Denn: Wer hat als Privatmann die Kohle, sich auf einen langwierigen Rechtsstreit mit einem milliardenschweren Kontrahenten einzulassen, den er am Ende auch noch verliert? Ein weiteres Paradoxon, wie’s scheint: Die Labels sollten ja eigentlich froh sein, wenn die Musik unter’s Volk gebracht wird – woanders zahlen sie viel Geld und werden verklagt (Payola-Affären). Aber hier geht’s einzig und allein um zwei Dinge: die Tantiemen, also um die Kohle – und darum, die Musik unkontrolliert zu verbreiten zu unterbinden. Bei letzterem Punkt geht nämlich die mühsam aufgebaute Marktkontrolle (und damit ein wichtiges Instrument zur Steuerung der Umsätze) verloren. Und wenn diese Kontrolle weg wäre, dann stünde die MI wieder da, wo sie vor 50, 60 Jahren mal war: Auf Spekulationsbasis veröffentlichen und das Risiko eingehen, dicke Verluste einzufahren, wenn ein Künstler floppt. Auf keinen Fall!

    Der Einzelne wird sicherlich seinen eigenen Musikgeschmack entwickeln, anspruchsvoller werden und auch mal andere Wege gehen. Die breite Masse aber wird auch weiterhin das kaufen, was tagtäglich im Radio gedudelt wird.

    *Bleistift spitz*

    Was imho in Zukunft den Markt bestimmt sind das Marketing und die Rechte. Die Rechte an den Songs, die Rechte an neuen Verfahren zur Aufnahme, Verbreitung und Abspielung von Musik, natürlich die Tantiemen und die Einnahmen aus Abgaben für CD-Rohlinge, Brenner und Alles, was rund um die Aufnahme und Wiedergabe von Musik im Weitesten gehört. Ach, und natürlich die Kontrolle des Marktes: durch DRM (auch mit Rootkits, das kommt noch besser, das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht), gezielte Bewerbung und damit genaue Voraussage von Umsatzerwartung, Manipulation (Selbstkäufe, Payola) und nicht zuletzt der Verkauf von Träumen. Musik ist längst nicht mehr anspruchsvoll, Musik ist zu einem Konsumartikel geworden. Ich verweise da mal auf Küblböck und Konsorten. Das hat nämlich dann auch zwei (gewinnbringende) Seiten: Einmal die öffentlich wahrgenommenen, und einmal die nicht so öffentlichen. Unter „öffentlich wahrgenommen“ verstehe ich neben der Schrunze (Musik kann ich das nicht nennen) das Merchandising (Kaffeetassen, Plüschbärchen etc.), die Tourneen (auch das bringt nach wie vor Kohle) und natürlich der Hype um die *Gestalt* durch Berichterstattung (Bravo, Käsblätter, BILD und Konsorten). Unter die „nicht so öffentlichen“ Seiten fiele dann die Betrachtung, wie sowas aufgezogen wird, DSDS liefert da ein gutes Beispiel:
    Vom Sender billigst produziert – die Kameras und die PA sind ja sowieso da, ein bisschen Kulisse zusammenklatschen, fertig. Bereits vor der eigentlichen Sendung werden die Kandidaten gefilmt, die in kalten Hallen Schlange stehen. Dazwischen Werbeeinblendungen, die gezielt auf die angepeilten Zuschauer abgestimmt sind, vom Mobilfunkanbieter bis zum Kleinwagen. *Das* bringt Kohle, und es kostet fast nichts. Dann die eigentlichen Sendungen: Ebenfalls mit grossen Werbeflächen vollgepappt, Werbeeinblendungen dazwischen, ein paar Promis (Onkel Stein, Bohlen, etwas B- und C-Klasse aus Funk und Fernsehen), flotte Sprüche („Rolle Drops mit Ohren“) und sorgfältig kalkulierte Highlights (Onkel Stein zu Küblböck: „Du stehst unter meinem persönlichen Schutz“). Das spaltet die Nation, liefert reichlich Stoff für Bild und Co. und bewegt die Massen dazu, fleissig anzurufen und – zu zahlen. Merke: bis jetzt kaum Kosten, aber reichlich Werbeeinnahmen, klasse Einschaltquoten und *noch* mehr Kohle durch die Anrufe. Von dem ganzen Gedöns um’s Merch wollen wir gar nicht sprechen… Das Volk darf mitbestimmen (und sei es gegen Geld) und dem blöden Bohlen via Telefon Eins auswischen, darf teilhaben an Glanz und Glamour (und sei es auch nur virtuell und gegen viel Geld), hat aber ansonsten nix davon. Nun ja.
    Kommen wir zum Finale: Die Single („We have a dream“) wurde noch mit allen Aspiranten aufgenommen und wird mit viel TamTam auf den Markt geworfen, das zugehörige Video läuft die ViVa-Charts rauf und runter. Die Superstars gehen auf Tournee, alle sind happy. Machen wir mal die Rechnung.
    Kosten für die Show: Null, plus Werbeeinnahmen (Kleinwagen, Mobilfunkanbieter) und Telefoneinnahmen (Zuschauer). Produziert von Fremantle Media (wer ist das denn?). Die Musik schrieb Dieter Bohlen (er hält auch die Rechte dran), vermarktet wurde das praktischerweise von BMG (Onkel Stein), durch reinen Zufall hat Bohlen kurz vorher noch schnell ein Buch herausgebracht („Nichts als die Wahrheit“), was sich durch den andauernden Medienrummel ebenfalls glänzend verkauft. Die Einnahmen der Single gehen also an Bohlen und BMG, dazu gratis Werbung in BILD („JA! Er ist der Superstar!“), die Einnahmen der Tournee gehen an BMG, Tantiemen und Rechte am Merchandising werden ebenfalls untereinander aufgeteilt. Was bekommt jeder einzelne Kandidat? Ein Taschengeld – schriftlich vereinbart darf noch nicht einmal ein Interview in anderen als den vorgesehenen Medien gegeben werden – damit nicht ungewollt die Falschen die guten Stories bringen und damit die Kontrolle übernehmen. Der Sieger (Alexander?) hat ein oder zwei Alben aufgenommen, ob er die Musik dazu geschrieben hat (und auch die Rechte daran hält) ist aber mehr als fraglich. Er bekommt also eine kleine prozentuale Marge am Verkauf, und das war’s. Die Rechte liegen beim Autor, und wenn das irgendwann verramscht oder neu aufgelegt und massenhaft verkauft wird hat er *gar nichts* davon.
    So wird’s auch in Zukunft laufen: Die labeleigenen Songschreiber produzieren massenkompatiblen Müll am Fliessband, bekommen dafür ein Gehalt und gehen abends nach Hause. das Label haut die Dinger raus (Radio, Klingeltöne, Film, Soundtrack, Compi…) und verdient sich dumm und dämlich. Und da sie in absehbarer Zukunft auch die Rechte am digitalen Vertrieb und den neuen Verfahren zur Aufnahme und Herstellung haben werden, haben sie auch weiterhin die Monopolstellung in Sachen Musik. Und wer das dann nutzen will – sei es, um zu Hören, sei es um Aufzunehmen, sei es, um zu Senden – muss Lizenzgebühren zahlen. Die dürften, um die Monopolstellung nicht zu gefährden, saftig sein.

    *Bleistift spitz*

    Das Interesse, neue Künstler aufzubauen und deren Musik zu verkaufen ist uninteressant geworden, da viel zu kostenintensiv und unsicher. Ich denke mal an Paul McCartney. Paule ist *Milliardär* – er hält die Rechte an einem guten Teil der Beatles-Songs. Das bedeutet: Jedesmal, wenn irgendwo auf der Welt irgendwo ein Beatlessong gespielt wird, gecovert wird, in einem Songbook gedruckt oder auf einer Bühne nachgespielt wird – Paule kassiert. Wenn eine „Best of“ erscheint -Paule kassiert. Wenn ein Song auf einem Sampler auftaucht, in einem Film verwendet wird – Paule kassiert. Das ist wie eine Masschine zum Gelddrucken, man brauch nix mehr tun, nur Geld zählen – das läuft ganz von allein. Mal ganz ehrlich: wer will denn dann noch CD’s aufnehmen, verticken und sich mit dem Zwischenhändler rumärgern?

    Für mich sind das keine „Letzten Zuckungen“, das ist knallhart durchkalkuliertes Marketing: Was wir sehen sind Nebenschauplätze: Kleine Leute, die mit viel TamTam verklagt werden, um „Zeichen zu setzen“, immer neue „Erfolgsmeldungen“ im Kampf gegen den Musikterrorist, gleichzeitig Klagen über Klagen wegen Umsatzeinbrüchen (Universal vermeldete 2004 das beste Ergebnis der Firmengeschichte; Steigerung der digitalen Sparte um 44%) und der damit verbundenen Vertragsauflösungen – das bringt die Massen in Wallung, während hintenrum an Gesetzesentwürfen gebastelt wird, die eine Tragweite haben die kurzlebige Trends bei Weitem übersteigt.

    Soweit die heiligen Worte… 🙂

    Uff.

  8. Also, letztlich läuft deine Argumentation auf eins hinaus: Die Musikindustrie hat in einigen Bereichen Schlüssel-, bzw. Monopolstellung erreicht, und dank Lobbyismus und cleverer Politik wird sie diese Stellung noch ausbauen.

    Ich bin da ganz anderer Meinung. Wir haben im Moment zwei grundsätzliche Entwicklungen, die sich beide gegenseitig verstärken: Da wäre zum einen das Internet, dass es zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte erlaubt, Informationen – Content – ohne größere Vorarbeit einem (unendlich) großen Empfängerkreis zur Verfügung zu stellen. Zum anderen wäre da die schon erwähnte Tatsache, dass es im Bereich der Medien, und da schließe ich die Musikindustrie mit ein, zu einer immer stärker werdenden Differenzierung kommt. Der Bürger achtet beim Konsum wesentlich mehr auf eigene, spezielle Interessen, als das früher mal der Fall war.

    Dann frage ich mich allerdings, wie du die „Gatekeeper“-Funktion der Majors bei diesen beiden Einwicklungen aufrechterhalten willst?

    Du schreibst, dass Vertrieb, Marketing, Studio und Promotion im Moment hauptsächlich von Majors übernommen werden, und dass das deiner Ansicht nach so bleiben wird.
    Ich denke, dass Major-Labels angesichts der beschriebenen Differenzierung überhaupt nicht mehr mithalten können, was Marketing und Promotion angeht. Bei den großen Schiffen weiß doch kein Mensch mehr, was die Kids heutzutage auf den Straßen hören. Früher hat das nicht viel ausgemacht, weil die Kids eben gehört haben, was in der BRAVO stand. Heutzutage informiert man sich aber bei Mzee.com oder bei Radio Fritz oder im Musikblog um die Ecke. Da kann kein Major mehr mitreden.

    Und dann der Vertrieb – Der wird durch das Internet doch wesentlich einfacher! Heutzutage muss man doch nur noch irgendwo einen Song hochladen, man muss noch nicht mal eigenen Webspace haben, und schon können ihn Millionen hören. Wenn sie nur wollen.
    Ich meine, das ist doch genau das, was mit den Arctic Monkeys passiert ist. Und, ein paar Jahre vorher, im viel kleinener Maßstab, mit Chumbawamba. Oder jetzt mit diesem Stefan-Raab-Konstrukt.
    Ich kann wirklich keine Tendenz erkennen, die es der Musikindustrie in Zukunft leichter machen würde. Dieses ganze Zeug mit GEMA und Künstlertantiemen und was du da alles beschreibst, das sind für mich letzte Zuckungen. Verzweifelte Versuche, wo sonst eigentlich gar nichts mehr geht.
    Die Kuh bringt keine Milch mehr, also wird sie jetzt eben geschlachtet.

  9. Hupps 😀
    @nicorola: Du hast natürlich Recht, da hab ich beim Drüberlesen nicht aufgepasst… peinlich :-/

    Man hat mir übrigens gestern noch den Vorwurf gemacht, ich „sehe das Alles viel zu negativ“ und „es werde schon nicht so schlimm sein“. Da ist mir dann endgültig der Kragen geplatzt: Der Spruch kam (ausgerechnet) von einem Musiker, der seit Jahren gegen diese Windmühlen ankämpft, um seine Mucke in die Sender zu bekommen. Keinen noch so wohlmeinenden Hinweis auf Sendequoten, Slots und Formatradio lässt er gelten – er „habe halt immer nur Pech“. Woran das *tatsächlich* liegt scheint er einfach nciht wahrhaben zu wollen…

  10. Avatar von nicorola

    @Louis XIV: Wow, danke für den Kommentar. Wirklich bedenkenswert. Eine Kleinigkeit noch: ich glaube die BPI will den Künstlern nur noch 2,5 Pence pro Download zahlen, nicht 20 Pence.

  11. @Simon: Gut geschrieben. Die MI wird langfristig tatsächlich sogar noch an Einfluss gewinnen, wenn Du mich fragst. Weniger, weil sie mehr verkaufen, sondern eher, weil sie die Rechte besitzen – an den momentan aktuellen Songs, an diversen Backissues und Künstlerkatalogen, aber auch als sogenannte „Gate keeper“. Im klassischen Sinne waren das die Vertriebswege der CD’s mit Allem, was dazugehört. Im neuzeitlichen Sinne (wir bewegen uns mit Riesenschritten in diese Richtung) sind das die Downloadplattformen und digitalen Vertriebswege – ich erinnere mal an die Zusammenarbeit mit CD-Baby, das DRM, Rootkits und Dergleichen mehr. Hinzu kommen die von Gary angesprochenen „rechtlich abgesegneten“ Plattformen: Das universelle Urheberrecht, Abschaffung des Sendeprivilegs für Radioanstalten (wurde bereits 2002 öffentlich gefordert), die jetzt in UK veröffentlichten Meldungen zum Thema Podcast schlagen übrigens in die gleiche Kerbe. Pikanterweise hat die britische Verwertungsgesellschaft vor wenigen Monaten die Halbierung der Künstlertantiemen auf Downloads angekündigt. Es sei „nicht gerechtfertigt“, da Downloads weit weniger Kosten verursachten al herkömmliche Tonträger. Nach Abzug der minimalen Kosten für Server und (hauseigene) Studios sollte der Künstler statt 40 Pence nur noch 20 Pence pro Song erhalten – der Rest ist für das Label. Die Preise für den Kunden allerdings bleiben gleich (das waren, glaube ich, 99 Pence pro Song). Die Klage der Künstlervereinigung läuft und soll bis Ende des Jahres verhandelt sein. Schaun wer mal…

    Es geht längst nicht mehr darum, möglichst viele CD’s zu verkaufen. Es geht darum, die konsumierte Ware Musik auf jede nur erdenkliche Weise abzukassieren: Als Songbook, Sondtrack, Kingelton, Sampler (Bravo-Hits), als MP3, als Stream, mittels Abgaben auf CD-Player, Rohlinge und Brenner – was auch immer. Dazu gehört, neben den nötigen Vertriebskanälen, eine rechtlich abgesegnete Basis – auch die wurde bereits zu Beginn des Jahrtausends umfassend eingefordert: Die exclusiven Rechte auf zukünftige Formate und Sendeformen, auf neue Codier- und Aufnahmetechniken, auf alternative Vertriebswege und so weiter und so weiter. Wenn man sich das mal richtig überlegt bedeutet das: Ein Musiker, der seine eigenen Songs mit einem neuen Verfahren aufnimmt und codiert (nenne wir das mal MP5) muss die MI dafür bezahlen, dies nutzen zu können. Will er nun die Songs verkaufen muss er wieder zahlen – für die Vertriebskanäle. Ist der Song dann tatsächlich erhältich muss er nochmals zahlen – falls er nämlich im Radio gespielt oder im Internet gestreamt wird. Zahlen muss er natürlich auch für die herkömmlichen Tonträger, Videos und den klassischen Vertrieb, wie das ja jetzt auch schon üblich ist. Führt er seine Musik öffentlich auf muss er ebenfalls zahlen: für GEMA, die Nutzung der Beschallung und die Geräte (Verstärker etc.). Gleiches gilt für die Songbooks, Klingeltöne etc.

    Es läuft letzten Endes darauf hinaus dass ein alternativer Künstler keine Chance mehr haben wird, seine Musik publizieren zu können ohne auf die MI angewiesen zu sein. Die heutigen „Gates“ sind vorrangig Vertrieb und Marketing, Studio und Promotion. Wer bei einem Label zeichnet bekommt die nötige Unterstützung, alle Anderen haben’s schwer. In Zukunft werden die „Gates“ sich wohl eher an digitalen und vor Allem rechtlichen Gegebenheiten orientieren. Das Prinzip bleibt gleich: Wer beim Label signt kann das nutzen. Nicht umsonst, versteht sich, aber vielleicht ohne rechtliche Schwierigkeiten. Wer nicht beim Label unterschreibt hat keine Chance. Gleiches gilt für alternative Label, Sender und Vertriebe.

    Die Taktik, das durchzusetzen ist so alt wie die Kriegsführung: Den Feind mit Nebenschauplätzen ablenken und beschäftigen (Piraterie) und den Hauptkampf (Rechtesicherung) praktisch unbemerkt und ohne grössere Schwierigkeiten für sich entscheiden. WMG hat anlässlich der PAyola-Affäre in New York vor etwa zwei Monaten in einem öffentlichen Statement sinngemäss etwa Folgendes gesagt:
    Radio sollte nicht zu konsumentenbestimmt sein. Statt dessen sollten die Radiosender immer das repräsentieren, was an qualitativ hochwertiger Musik von den Major Labels geboten werden kann.
    Habe ich da einen Aufschrei der Massen gehört? Nein, das wurde kommentarlos geschluckt, niemand hat sich dran gestört… obwohl die Formulierung an Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglässt. Der Auszug war exakt drei Tage bei radioandrecords.com online zu bestaunen, dann war er sang- und klanglos verschwunden.

    Schöne, neue Welt.

  12. Das Gejammere hat eine ganz klare Funktion: So soll ein konsumenten- und was die Printbranche angeht auch wissenschaftsfeindliches Urheberunrecht durchgepaukt werden.

    Wenn man sich die Entwicklung der Profite anschaut, besteht dazu freilich nicht der geringste Grund, außer, dass die Gier dieser Bande eben unersättlich ist. Aber mit Politikern in Bonn und Brüssel, die sich selbst zu Erfüllungsgehilfen von Lobbyistenträumen degradiert haben, verfolgt diese Propaganda einen durchaus erfolgversprechenden Ansatz.

    Einzig richtige Antwort: Totalboykott wenigstens der Majors. Dazu hilfreich: http://www.magnetbox.com/riaa/

  13. Ich denke nicht, dass die Musikindustrie langfristig an Einfluss verlieren wird – Aber statt Mainstream ist bald nur noch Nische gefragt. Dank der neuen Informationsquellen (Internet, Musikzeitschriften, versch. Radiosender) wird es immer leichter , den eigenen, individuellen Musikgeschmack zu finden – Damit werden natürlich Angebote, die jeder andere auch schon kennt, wesentlich unattraktiver.
    Natürlich fördert so eine Marktsituation die kleinen (Indie-)Labels und lässt die großen Konzerne auf der Strecke bleiben. Für die ist jetzt das Sterben im Haifischbecken angebrochen: Es heißt, sich anpassen oder zu verlieren.

    Wenn ich persönlich im aktuellen Musikgeschäft eine Taktik einschlagen würde, dann wäre die ähnlich zu der von 4Music: Ich nehme einige Ex-Musiker, die sich im Geschäft auskennen, gebe denen viele Freiheiten was A&R und Signing angeht, das entsprechende Kapital, und dann lasse ich die mal machen. Das hat bei 4Music funktioniert, bei Grand Hotel van Cleef auch, und Lado zB. schlägt sich ja auch nicht schlecht.

  14. Das finde ich ja interessant: ASCAP dagegen gibt bekannt sich an den „schnell ändernden Muskimarkt“ anzupassen. Und vermeldet Rekordergebnisse:
    ASCAP Pressemitteilung auf Mi2N

    Frances Moore, Regionaler Direktor der IFPI für Europa, begrüsst dagegen die Entscheidung der Franzosen, eine „Global Licence“ in Frankreich nicht zuzulassen: „The recording industry will now be able to continue to deliver exciting online music services to the consumer in a competitive marketplace.“

    Frage man sich, was diese „exciting online music services“ denn nun genau sein sollen…
    Und was heisst hier „competitive marketplace“ wenn unerwünschte Nebenbuhler einfach aufgekauft oder durch solche Entscheidungen behindert werden?

  15. Avatar von anonymer Leser
    anonymer Leser

    Eigentlich passiert nur das, was schon seit Jahren vorrausgesagt wird – die großen Plattenlabels verlieren an Einfluß und die kleinen Labels gewinnen.
    Außerdem zeigt gleich die erste Grafik im IFPI-Bericht was Sache ist. Da sinken die Umsätze ab 2000 recht beträchtlich. Allerdings haben sich fast ab dem gleichen Jahr die DVD-Verkäufe vervielfacht.
    Auch wenn es nur grob geschätzt ist – wenn man die Umsatzentwicklung der DVDs in die Grafik einzeichnet, dann dürfte der Umsatz gleich bleiben.

  16. > Nicorola schrieb:
    >
    > Bin ich blöd, oder ist da ein Umsatzrückgang nicht die
    > logische Konsequenz?

    Nein. Es ist so. Aber das will niemand einsehen, da Umsatzgenerierung für manche Firmen ja das A&O ist. Und wenn sie das einsehen würden, dann könnten sie ja nicht mehr jammern.

    Aber im Stillen scheint man das ja erkannt zu haben, denn warum sonst sollten die Labels die Preise für Downloads hochschrauben wollen?