Mein Jahr in Metal 2010

Einige wissen es, einige können es sich denken, andere sind vollkommen ahnungslos. Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger des letzten Jahrhunderts war ich ein Metalhead. Und zwar von der übelsten Sorte. Es konnte nicht hart genung sein. Wobei ich nicht so auf diesen Hasenfick-Grindcore stand, sondern eher auf wuchtiges Gedröhne und Gegrunze. Ich habe eine spannende Zeit miterlebt, die Debütalben von Morbid Angel, Entombed, Unleashed, Dismember, Cannibal Corpse, Morgoth, Bolt Thrower, Deicide, Grave, Asphyx und wie sie alle heißen. Ich wußte was es heißt, wenn hinten auf der Platte Scott Burns oder Sunlight Studios stand. Ich ließ kaum eine andere Musik an mich heran. Das ist lange her. Aber von Zeit zu Zeit packt mich die Neugier, und ich möchte wissen, was gerade aktuell ist.

Oftmals bin ich beim kurzen Reinhören in diverse Platten dann aber doch recht ernüchtert. Manchmal habe ich das Gefühl, das genau in dem Zeitraum, in der ich dieser Spielart des Metal verfallen war, bereits alles gesagt bzw. gespielt wurde. Alle guten Riffs wurden geschrieben, Tempoverschleppungen, Blastbeasts und alle anderen Zutaten des Genres ausgelotet. Sicher, es wurde immer technischer, schneller, frickeliger oder auf der anderen Seite extrem langsam. Es kamen Keyboards dazu, grunzende Frauen, singende (!!!) Frontmänner; man packte den Begriff Core zu allen möglichen Genreabgrenzungen, aber im Kern, da hat sich nichts Grundlegendes getan.

Wenn im Jahr 2010 Alben mit 50 Riffs in einer Minute beginnen, das Keyboard mit viel zu hohen Preset-Flächen die Songs begleitet oder selbst ein Laie die nach Plastik klingenden Trigger-Drums erkennt, dann schalte ich schnell wieder aus. Deswegen tendiere ich als alter Sack immer wieder zu Bands, die sich eher dem Old-School-Sound verschrieben haben. Amon Amarth zum Beispiel. Leider haben die immer noch keinen Nachfolger zum fantastischen „Twilight Of The Thunder God“ draussen.

2010 habe ich nur in wenige Alben komplett reingehört, erinnern kann ich mich an folgende.

BYFROST – Black Earth
Kommen aus Norwegen, spielen eine Art Black Metal mit Trash-Elementen. Das ganze Album lässt sich gut weghören, bietet ein paar nette Riffs, ist aggressiv und frostig kalt. Allerdings wird schnell klar, das die Jungs nur mit Wasser kochen und selten wirklich interessante Riffs bzw. gar Songs im Repertoire haben. Auf Dauer fehlt es dem Album an Athmosphäre. Prinzipiell mag ich die Art der Songs, das Riffing, die Produktion und alles, aber so richtig packt mich das nicht.

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Triptykon -„Eparistera Daimones“
Nachfolgeband zu Celtic Frost, welche dem Genre mit Klassikern wie „To Mega Therion“ und „Into the Pandemonium“ wichtige Impulse gab, sich aber nach einem zweijährigen Intermezzo endgültig aufgelöst zu haben scheint. Mastermind Tom Gabriel Fischer ist natürlich mit von der Partie, genau wie die hammerschweren Riffs, die in ellenlangen Songs fast bis zur totalen Abnutzung wiederholt werden. Das ist mitunter schwer verdaulich, hat aber was hypnotisches und stellenweise mitreißendes. Zeit und Muße sind wichtige Vorraussetzungen für den Genuss, denn Songs wie das abschließende „The Prolonging“ mit seinen fast 20 Minuten Laufzeit erfordern eine Menge Aufmerksamkeit.

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Watain – Lawless Darkness
Schweden. Mal wieder. Irgendwie Black Metal, allerdings mit einer gehörigen Portion Death. Verstehen sich zum Glück darauf, wie man auch aus angestaubten Ideen durch Kleinigkeiten Interessantes herausholt. Erik Danielsson keift, was das Zeug hält, im Hintergrund wird gebolzt, gerumpelt und ab und an auch mal eine passende Melodie angestimmt. Leider sind viele Songs ein wenig zu lang (ganz im Gegensatz zu Triptykon) und auf Albumlänge verliert die Band ein wenig an Fahrt, aber trotzdem macht das Album durchaus Spaß.

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Exodus – Exhibit B: The Human Condition
Nachdem Slayer im letzten Jahr mit „World Painted Blood“ gezeigt haben, das der Trash der guten alten Schule noch lange nicht tot ist, legten Exodus in diesem Jahr nach. Ein Pfund von einem Album, voll mit hochkarätigen Riffs, tollen Gitarrenläufen und der richtigen Portion Härte. Mit der druckvollen Produktion schaffen es die alten Herren in diesem ausgelutschten Genre auch 2010 noch, so manche Jungspunde blass aussehen zu lassen. Die kleinen Durchhänger und das ein oder andere Solo zuviel sei ihnen verziehen.

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So, das war es erst einmal wieder. Ich kratze nur an der Oberfläche, meine Auswahl ist gnadenlos subjektiv und es gibt bestimmt eine Menge Veröffentlichungen, die ich lieber hätte hören sollen, aber meine Stimmung läßt mir nur wenige Stunden im Jahr für ein paar deftige Songs. An alle Freunde der härteren Gangart: habt ihr noch Empfehlungen?

Foto: superde1uxe, CC-Lizenz

Kommentare

7 Antworten zu „Mein Jahr in Metal 2010“

  1. Avatar von oLi
    oLi

    ich schließe mich kasn an…Kvelertak war auch für mich DAS metal highlight 2010

  2. Avatar von kasn
    kasn

    mein Metal Highlight war dieses Jahr ganz klar Kvelertak. Gross noch die beiden The Ocean Alben und The Swords „Warp Riders“

  3. Avatar von Tim
    Tim

    Alcest – Écailles de Lune
    Enslaved – Axioma Ethica Odini
    Nevermore – The Obsidian Conspiracy
    The Ocean – Heliocentric/Anthropocentric
    Orphaned Land – The never ending Way of ORWarriOR
    Raintime – Psychromatic
    Sole Remedy – Apoptosis

  4. Avatar von Rob
    Rob

    Zu diesem Thema hab ich heute noch diesen Post gelesen….

    http://pitchfork.com/news/40943-mountain-goats-record-with-death-metal-royalty/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+PitchforkLatestNews+%28Pitchfork%3A+Latest+News%29

    Du scheinst also nicht der einzige mit einem solchen Background zu sein (ich bins ja auch) 😉

  5. Avatar von Jeriko

    Fear Factory – Mechanize
    Kataklysm – Heavens Venom
    Danzig – Dethred Sabaoth
    Witchery – Witchkrieg

    …so auf die Schnelle, alle ganz große Dinger!