Am Ende des Sommers 2014 packte Laura Gibson ihre Sachen und zog von Portland nach New York, um dort Kreatives Schreiben zu studieren und sich eine Auszeit von der Musik zu gönnen. Die erste Hälfte dieser Reise verbrachte sie im Empire Builder, einem legendären Zug, der den pazifischen Nordwesten der USA mit Chicago verbindet.
Als sie sich gerade so richtig in ihrer neuen Stadt eingelebt hatte, wurde ihr Wohnhaus in der Lower East Side von einer Gasexplosion vollkommen zerstört. Eine Katastrophe, die zwei Menschenleben kostete und viele Verletzte nach sich zog.
Laura Gibson war zum Zeitpunkt der Explosion zum Glück nicht zu Hause. Aber ihr gesamter Besitz, ihre Instrumente, jahrelange Arbeitsnotizen, Songtexte, Unterlagen, Dokumente und Karten waren zerstört.
Sie schlief in den kommenden Monaten auf Sofas von Freunden, schloss ihr zweites Semester erfolgreich ab, schrieb die Texte für ihre Songs neu und begann nach und nach, ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Nicht zuletzt mit einer erfolgreichen Crowdfunding Aktion, die Solidaritätsbekundungen von Freunden, Bekannten, aber vor allem Unbekannten hervorrief.
Laura Gibson verbrachte jede freie Minute ihrer Ferien in den Studios von John Askew und Peter Broderick an der Küste von Oregon. John Askew (Neko Case, The Dodos) überzeugte sie nämlich davon, nach dem Unglück so schnell wie möglich wieder in die Musik einzusteigen.
Das Album klingt extrem fokussiert und spiegelt diese Explosion einer ganzen Existenz beeindruckend wieder. Unterstützt wurde die Songwriterin dabei von Gitarrist, Bassist und Multitalent Dave Depper (Death Cab for Cutie, Menomena), Drummer Dan Hunt (Neko Case), Violinist Peter Broderick, Nate Query (Decemberists) und Sängerin Alela Diane.
Es gibt Momente, die an die Fleet Foxes erinnern (The Search For Dark Lake), nachdenkliche Kompositionen mit dezenter Instrumentierung (Empire Builder), zarte und zerbrechliche Stücke (Five And Thirty). Mit Abstand am besten gefallen mir allerdings die Songs, die von treibenden Beats verstärkt werden.
The Cause zum Beispiel, welcher als Opener die Richtung einschlägt, die später in Not Harmless auf geniale Weise weiter verfolgt wird. Bei letzterem unterfüttern präzise Drums den bestimmenden Basslauf, werden von klirrenden Gitarren und Streichern gestützt und führen die Stimme Gibsons auf einen verschlungenen Pfad.
Es gibt aber auch Songs auf diesem Album, die mich nicht wirklich mitnehmen. Immer dann, wenn es zu sehr in das typisch amerikanische Folk-Arrangement abdriftet, steige ich aus. Two Kids ist hier das beste Beispiel. Aber auch das folgende Louis ist mir ein wenig zu beliebig.
In seiner Gesamtheit ist Empire Builder aber ein starkes Album mit richtig guten Songs und einer bewegenden Hintergrundgeschichte. Das Tempo ist gemächlich, und Gibson singt vor einer grandiosen Instrumentierung von Verlust und Erlösung. Sie klingt zuversichtlich, gestärkt und frei.
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