Kritik: Yesterday Shop – Parodos

Vor knapp zweieinhalb Jahren machte eine junge Band aus Berlin und Hamburg mit einem Debütalbum auf sich aufmerksam, das eine gelungene Mischung aus Shoegaze, Alternative, Artpop und Rock bot. In ihren Songs erkundeten sie ihre selbst erschaffenen, komplexen Melodien und gingen sehr offen zu Werke. Oft fehlte ihnen aber das entscheidende Etwas, der große Refrain, um mich richtig zu überzeugen.

Das hat sich geändert. Auf ihrem zweiten Album trauen sich Yesterday Shop mehr, und zwar in allen Bereichen. Versteckten sie sich auf ihrem Debüt oft noch hinter Soundwänden oder komplexen Strukturen, so fürchten sie sich nicht mehr, auch einmal einzelne Instrumente in das Scheinwerferlicht zu ziehen. Sie haben ihr Songwriting verfeinert und schaffen gitarrengetriebene Popsongs mit theatralischen Stimmungsbögen.

Parodos ist der Einzug des Chores in der griechischen Tragödie. Und wie in der unausweichlichen Katastrophe der Tragödie schlingern die Protagonisten der Songs in den Abgrund. Da aber der Chor einen potentiellen positiven Ausweg aufzeigt, gibt es in den Songs von Yesterday Shop immer einen Funken Hoffnung. Die große Geste macht also Sinn, und es ist der Band hoch anzurechnen, dass sie es schafft, dem Kitsch immer wieder ein Schnippchen zu schlagen. Sie reduziert rechtzeitig den Bombast, verschleppt das Tempo und setzt die entscheidende Pause. Das schafft den benötigten Platz für ihre strahlenden Melodien. Zwar sind einige von diesen ein wenig vorhersehbar, aber das möchte ich Yesterday Shop nicht vorwerfen. Eher verneige ich mich vor diesem schillernden, mutigen, harmonischen und anspruchsvollen Popalbum.


Kommentare

Eine Antwort zu „Kritik: Yesterday Shop – Parodos“

  1. Oh, bin vom Album auch sehr angetan, kannte das Debüt nicht, hatte somit keine speziellen Erwartungshaltungen, aber ja, wow, da hat jemand Pop mit Bombast und Anspruch wirklich sehr, sehr gut hinbekommen. Hut ab!