Kritik: Wild Beasts – Present Tense

Das Debütalbum der Wild Beasts war mit Sicherheit kein schlechtes Album, und Songs wie „The Devil’s Crayon“ finde ich nach wie vor großartig. Aber erst der Nachfolger „Two Dancers“ hat mich so richtig mitgerissen. Diese Perfektion, die nahezu jedem Song innewohnte, ist nach wie vor erstaunlich. Die Platte erschloss sich in ihrer ganzen Schönheit sicherlich nur dem, der mit dem Gesang Hayden Thorpes zurechtkommt und ihr mindestens zehn Durchläufe gönnte. Auf dem dritten Album „Smother“ verfeinerten sie ihren eleganten Stil und reicherten ihn mit sanfter Elektronik und perkussiver Wiederholung an.

Auf „Present Tense“ führen die Wild Beasts diese Verfeinerung fort und fügen Synthie-Klänge hinzu. In enger Zusammenarbeit mit den Koproduzenten Lexxx und Leo Abrahams wurden die Songs aus zahlreichen Soundschnipseln und rhythmischen Fragmenten am Computer erzeugt und schließlich zu etwas zusammengefügt, das auch live gespielt werden kann. Diese fragmentarische Arbeit, dieses Schwimmen in einem Pool voller Ideen funktioniert natürlich nur, wenn man es schafft, das entstandene Chaos auch in eine geordnete Form zu überführen. Das ist ihnen auf „Present Tense“ in jedem Fall gelungen.

Es ist ihr bisher schönstes und vollkommenstes Album, nicht nur durch die intensive Arbeit am Sound, sondern auch durch eine direktere Ansprache in den Texten. Die vorab veröffentlichte Single „Wanderlust“ deutete die Marschrichtung an: der Song wird von Schlagzeug und Synthesizer angetrieben und von der charismatischen Stimme Hayden Thorpes getragen, die hier aber einen Tick rauer als bisher klingt. Wenn Thorpe im letzten Drittel „don’t confuse me with someone who gives a fuck“ singt, dann ahnt man, das die Zeit der blumigen Umschreibungen vorbei ist. Im bedrückend schönen Abschluss „Palace“ singt er die Zeilen „we may be savage and raw, but at the core we’ve higher needs“; auf den vorangegangenen drei Alben haben uns diese wilden Biester ihre brutalen und rauen Seiten gezeigt und uns vorzüglich unterhalten, aber in ihren neuen Songs öffnen sie sich textlich mehr als jemals zuvor und hieven die Songs dadurch auf eine neue Ebene.

Diese Musik braucht allerdings noch mehr Zeit als auf den bisherigen Alben. Die neue Offenheit fordert ein ebenso offenes Gegenüber auf Seiten des Zuhörers. Ich gebe es zu: ich war nach den ersten Höreindrücken ernüchtert und musste mich zwingen, mich weiter mit dieser Platte zu beschäftigen. Die Belohung meines Durchhaltevermögens war dann aber ziemlich groß.

8/10

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