Kritik: Super700 – „Lovebites“

super70027. Februar 2009
Motor (edel)

Beim wiederholten Hören dieser Platte stieß ich irgendwann auch auf die MySpace-Seite der Band und las dort etwas ungläubig die Bezeichnung der Musikkategorie, in der sich die Gruppe selber einordnet: Melodramatischer Pop. Ah ja. Denn schon viele Assoziationen hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits gewonnen, aber melodramatisch? Ich weiß nicht recht. Super700 sind vor allem eins … total kreativ. Und ständig anders.

Band-Gründerin und Sängerin Ibadet Ramadani stammt aus Albanien und studierte Musik in Amsterdam bevor sie nach Berlin kam. Gemeinsam mit ihren Schwestern Ilirjana und Albana sowie vier weiteren Musikern gründete sie 2003 die Band Super700. Vor drei Jahren veröffentlichten sie ihre erste gleichnamige Platte, die jedoch im Schatten der Erfolge von deutschsprachigen Bands wie Wir sind Helden, Juli und Silbermond damals regelrecht verdörrte. Zumindest 2006 gab es hierzulande offenbar keinen Platz für Bands aus Berlin, die auf englisch sangen.

Nun aber ist 2009 und die Zeit scheint gekommen. Die Vorzeichen sind gut: „Lovebites“ ist voll von überbordender Kreativität, sehr abwechslungsreich, die Band spielt mit vielen Genres und überrascht immer wieder. Und hat dabei nur ganz wenige Aussetzer, wie die Song-Schnipsel „The Other Side“ oder „When The Rain Comes Down“, die meiner Meinung nach nur den Sinn haben, dem Zuhörer irgendwie zu bestätigen, dass er gerade großer Kunst beiwohnt. Das war nicht nötig. Denn der Rest ist echt klasse.

Oft dürfte es die richtige Entscheidung darstellen, sich musikalisch für einen Stil zu entscheiden und dabei dann auch zu bleiben. Die Stimmen von Ibadet Ramadani und ihren Schwestern machen jedoch den Unterschied. Sie dominieren, sie führen, sie leiten. Und deshalb stört es überhaupt nicht, dass die Band sich nicht recht entscheiden will und in viele verschiedene Genres eintaucht. Denn da sind diese Stimmen, die einen an der Hand nehmen und durch einen musikalischen Kosmos führen, mal ganz weit weg, mal wieder ganz nah. Etliche Songs ziehen den Hörer, der sich darauf einlässt, wie ein Sog in Klang(unter)welten von wuchtiger Dynamik hinab. Da gibt es Tracks mit wunderschönen Melodien und engelsgleichen Chören, Ethno-Gesängen, großartigen Synthie-Nummern die in ihrer Harmonie, Traumhaftigkeit und Perfektion fast schon wieder verstörend wirken („S.T.T.S.M.C.“ bzw. „Second In Line“), und die sich dann aprupt mit deutlich aggressiveren Elektro-Rock-Stücken („Tango“) oder auch nur ganz einfach gestrickten und kurz gehaltenen Folk-Balladen („River Song“) abwechseln. Solche Variationen prägen diese Platte. Schon lange warte ich darauf, dass endlich mal wieder irgendetwas erscheint, mit dem man überhaupt nicht gerechnet hat. Super700 liefert das nun ab. Vergleiche sind oft schwer, aber Mitte der 80er Jahre überraschte die Düsseldorfer Band Propaganda das Land mit einer herausragenden Produktion eines für deutsche Bands damals recht ungewöhnlichen Sounds. Super700 schließen auf einem deutlich höheren Niveau daran an.

Highlights: “Tango”, “Second In Line ”, “Lovebites”

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Kommentare

4 Antworten zu „Kritik: Super700 – „Lovebites““

  1. Avatar von Leuchtie
    Leuchtie

    Für mich im Moment eine der Bestens Bands. Habe Sie schon 4 mal live gesehen und es war immer eine wucht.

  2. Ich hab Super700 die Tage als Vorband von Polarkreis 18 gesehen (da war die Sängerin aber mit 3 Männern alleine) und irgendwie… Live klingen die so la-la. Nichts halbes und nichts ganzes. Schade eigentlich, denn so im Grundton klang das ganz nett.

  3. ersetze „-stream“ mit „-spiel“. Kaffee wirkt noch nicht…

  4. Das Album gibt es hier übrigens nach einem kleinen Puzzlestream komplett im Stream:
    http://www.lovebites.me/

    Ich finds aber ziemlich unanhörlich… im Ernst. :/