Das ich in meiner Jugend dem harten Metal zugetan war, habe ich hier ja bereits öfter thematisiert. Meine bevorzugten Spielarten waren Death- und Thrash Metal, Hauptsache aggressiv und am besten mit heruntergestimmten Gitarren. Auch heute unternehme ich immer wieder einmal Ausflüge in diese düstere Welt, auch wenn ich sie heute natürlich anders wahrnehme. Mit einer Spielrichtung konnte ich allerdings nie so recht etwas anfangen: Black Metal.
Ich war geschockt, als Dark Throne sich vom Death Metal ihres zwar etwas matschigen, aber dennoch großartigen Debüts verabschiedeten, sich schminkten und in albernen Posen fotografierten. „A Blaze In The Northern Sky“ hat großartige Riffs zu bieten, sicher, aber diese Knüppelattacken erschlossen sich mir einfach nicht. Das klang in meinen Ohren oft nur albern und nervte mich nach kürzester Zeit. Und die tollen Stellen in den Songs wurden von der unterirdischen Produktion geschluckt. In den Jahren nach diesem Album versuchte ich es immer wieder einmal mit der einen oder anderen Black Metal-Scheibe, und jedes Mal war das Resultat das gleiche: ich war entweder schnell genervt oder gelangweilt. Dieses düstere Genre sollte sich mir nie erschließen. Die brennenden Kirchen in Norwegen und das Kokettieren mit politischen Extremen taten ihr übriges.
Doch dann kamen Deafheaven mit ihrem aktuellen Album „Sunbather“. Nach der zweiten begeisterten Rezension im Netz war ich neugierig und lud mir die Songs via Spotify herunter. Ich bin nach geschätzten 10 Durchgängen immer noch fasziniert von dieser Musik. Hier gibt es natürlich auch Blastbeats und Gekrächze, aber auch verdammt großartige Kompositionen. Denn Deafheaven spielen keinen lupenreinen Black Metal, sondern kreuzen diesen auf geniale Weise mit Post Rock- und Shoegaze-Elementen. Und sie schaffen es trotz aller Härte gefühlvoll zu klingen, so albern das jetzt auch klingt. Im Zentrum des Albums steht das fast viertelstündige „Vertigo“, ein vielschichtiges Monster, kraftvoll, düster, melodiös, deprimierend, mitreißend. Neben „Brennisteinn“ und „Reach For The Dead“ einer meiner Songs des Jahres. Um dieses Zentrum versammeln sich die anderen Kompositionen, die derart miteinander verwoben sind, dass man die knappe Stunde wie in einem Rausch wahrnimmt. In diesem mitreißenden Mahlstrom aus rasenden Gitarren, emotionsgeladenen Double-Bass-Attacken und heiserem Gekreische verbergen sich auch Erinnerungen an Pink Floyd oder Metallica.
Lasst euch von den positiven Rezensionen z.B. bei Pitchork nicht täuschen: es handelt sich bei der Musik von Deafheaven immer noch um Black Metal. Und all die großartigen Post-Rock-Passagen werden früher oder später von der nächsten Attacke überrannt. Wer damit nichts anfangen kann, der sollte einen großen Bogen um diese Platte machen. Für mich ist „Sunbather“ eine aufregende und aufwühlende Achterbahnfahrt, an deren Ende mir immer leicht schwindelig ist. Aber keine fünf Minuten später stehe ich wieder in der Schlange.
9/10
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