Cold War Kids – „Mine Is Yours“
21. Januar 2011, Cooperative Music
8/10
Bereits auf der „Behave Yourself EP“ schielten die Kalifornier ein wenig auf den Mainstream. Und spätestens mit diesem Album eilen sie mit großen Schritten auf das Stadion zu. Keine Indie-Attitüde mehr, keine krachigen Ausbrüche, stattdessen Hymnen. Und das können sie. Da klingen sie durchaus mal The National („Skip The Charades“) oder auf dem Gipfel der Stadionannäherung auch mal nach Robbie Williams zu seinen glorreichen Guy Chambers-Zeiten („Bulldozer“). Keine Angst, das ganze Album ist dann doch viel zu Blues-infiziert und auch zu tief im Indie verwurzelt, als das hier jetzt wirklich Ängste bei den Fans aufkommen müssten. Aber so ein wenig befürchte ich schon, das sie eine ganze Handvoll treuer Anhänger verlieren werden. Dafür kommen aber mit Sicherheit eine Menge neuer hinzu. Ach ja, falls ich hier jetzt zu viel um den heißen Brei herum geredet haben sollte: ich mag das Album. Sehr sogar.
3 Anspieltipps: „Bulldozer“, „Broken open“, „Mine Is Yours“
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Telekinesis – „12 Desperate Straight Lines“
11. Februar 2011, Morr Music
6.5/10
Michael Benjamin Lerner hat es geschafft. Nachdem er zeitweise ohne Band dastand und seine Fernbeziehung beendet war, stürzte er sich in die Arbeit, legte sich einen neuen Bass zu, schrieb ein paar Songs und brach daraufhin nach Portland auf, um wie zuvor mit seinem Buddy Chris Walla (Death Cab for Cutie, The Decemberists) ins Studio zu gehen. Das Ergebnis nennt sich „12 Desperate Straight Lines“. Das Eröffnugsduo macht Lust auf den Frühling. Im Opener „You Turn Clear In The Sun“ schrammelt die Akustikgitarre, knarzt der Bass und klimpert das Kinderklavier. Spätestens mit der Keyboardmelodie ist dann die gute Laune da. Diese steigert sich bei dem folgenden „Please Ask For Help“ in ungeahnte Höhen, denn hier läßt Lerner einen kleinen Hit vom Stapel, der sich zwar deutlich inspiriert zeigt, sich aber trotzdem kaum aus dem Glückszentrum entfernen lässt. Leider halten die Glücksgefühle nicht lange an. Denn auf Albumlänge rocken die Songs zwar ordentlich los, aber leider gelingt es Lerner oft nicht, aus den teilweise doch recht ausgelutschten Ideen noch etwas neues oder mitreißendes zu quetschen. Am ehesten gelingt ihm dies noch in „Fever Chill“, „Country Lane“ und dem Rausschmeißer „Gotta Get It Right Now“. Durchwachsenes Album eines grundsympathischen Musikers mit ein paar Highlights.
3 Anspieltipps: „Please Ask For Help“, „Fever Chill“, „Gotta Get It Right Now“
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Tim Neuhaus – „The Cabinet“
28. Januar 2011, Grand Hotel Van Cleef
8/10
Es macht natürlich schon stutzig, wenn man ein wenig nach dem Album recherchiert und fast nur positive Rezensionen zu lesen bekommt. Wenn man sich das neue Album des ehemaligen Clueso-Drummers allerdings anhört, dann wird schnell klar, das das mehr als gerechtfertigt ist. Zeitlos schöne Singer/Songwriter-Musik mit genau dem richtigen Wohlfühlfaktor und dem richtigen Händchen für tolle Melodien. Schon das wundervoll instrumentierte „Troubled Minds“ ist derart einnehmend, das die Platte bereits gewonnen hat. Mit „As Life Found You“ folgt ein unheimlich toller Orhwurm, der mit seinem eigentlich simplen „ah na na na na na“ sofort hängenbleibt. Die letzten 40 Sekunden vom folgenden „5 Weeks“ treiben einem wahlweise die Tränen in die Augen oder lassen die Haare an den Armen zu Berge stehen. Verdammt, das ist alles so wohlig warm, da ist Widerstand völlig zwecklos. Ganz tolles Album voller großer Momente.
3 Anspieltipps: „As Life Found You“, „Pete’s Song“, „5 Weeks“
Kommentare
Also ich denke dir ganze Zeit, da ist doch David Gray! Und gerade „Skip the charades“ klingt verblüffend nach ihm. Ist ja nicht tragisch, wenn die Stimmen ähnlich sind – David Gray ist ja kein schlechter Sänger – aber wenn sich die Musik dann auch so anhört, wird es brenzlig. Da fehlt mir „we used to vacation“ doch ganz schön.
Kann mich nur Alexander anschließen.
Leider erleben immer wieder Bands auf ihrem Weg zu größeren Konzerthallen den Vorwurf Seitens der Fans, dass sie zu sehr Mainstream werden. Und mancher Künstler wird sich den Vorwurf auch gefallen lassen müssen, vor allem wenn ich mir die aktuelle Entwicklung einiger – vorheriger ehr unbekannter Künstler – wie zum Beispiel Unheilig anschaue, um den man als FMHörer ja nicht drum herum kommt.
Auch kann ich Fabian in so weit nur zustimmen, dass große Stadien zu – insbesondere wenn man zuvor kleine Clubkonzerte gewöhnt ist – durchaus eine Umstellung sind, mit der sich nicht jeder Fans verträgt, denn sowohl Atmosphäre als auch der gefühlte Kontakt zur Band wandelt sich da gewaltig. Hat man das Glück, eine Band bereits in einer stabilen Phase kennen zu lernen, hat man das Problem natürlich nicht. Mainstream-Verteufelung also hin oder her, es ändern sich Dinge.
Abschließend finde ich jedoch, dass Cold War Kids die Gradwanderung zwischen Weiterentwicklung und der Treue zu den eigenen Wurzeln ganz gut hinbekommen haben 🙂
hey nico,
stimme dir bzgl. cold war kids voll und ganz zu. bin ich schon seit einiger zeit an den kaliforniern dran. damals erstmals auf http://www.ezekielusa.com/ entdeckt (zusammen mit delta spirit). finde sowohl das alte als auch das neue material wundervoll. kann leider fabian nicht zustimmen. finde es ganz natürlich, das sich bands weiterentwickeln und sie auch müssen. aber die sache wegen mainstream hin oder her, da lässt sich bekannter weise ja endlos drüber streiten :). ich bin erstmal froh am 09.02 die jungs in köln wieder live zu erleben.
viele grüße,
lars
Ich fürchte, dass sich die Cold War Kids somit bald für mich erledigt haben. Ich mag die Musik, und möchte sie auch mögen, aber ich kann so ein irrationales Anti-Gefühl gegenüber vielen dieser Indie-Mainstream-Konvertiten nicht abschalten. Manchmal schade, aber es kommt ja meistens recht schnell Nachwuchs daher. Und Stadionkonzerte geben mir, rein von der Atmosphäre eh nichts.
Höre Cold War Kids auch seit einigen Tagen. Gefällt mir auch sehr gut. Bin dann einer der neuen Hörer 😉