Kritik: Cargo City – „Dance/Sleep“

Die Band labt sich an der Quelle der Inspiration, taucht ihre Hände aber nicht zu tief ein. So entstehen inspirierte, radiotaugliche, mitreißende und auch düstere Songs.

15. April 2011
Rebecca & Nathan (Intergroove)

Seit 2007 ist Simon Konrad mit Cargo City dabei. Als Soloprojekt gestartet, wuchs im Laufe der Zeit schnell eine richtige Band um den kreativen Kopf. Das letzte reguläre Studioalbum „On.Off.On.Off.“ erschien 2009 und ist ein homogenes Gesamtkunstwerk, voller kleiner Hits, die es nach wie vor verdienen, entdeckt zu werden. Für den (übrigens sehr sehenswerten) deutschen Film „Vincent will Meer“ (2010) steuerte Cargo City gleich vier Songs bei.

Jetzt folgt das neue Album, welches laut eigenen Aussagen reifer, rauer, manchmal auch düsterer ist und einen „durch und durch organischen Sound gepaart mit analog-elektronischen Elementen“ bietet. Als Inspirationsquellen für die Platte sollen Placebo, Pheonix und Muse gedient haben. Dies merkt man den plakativeren Songs der Platte auch sofort an. Der schnell zupackende Opener „Dance/Sleep“ schielt mit großen Augen auf Radio-Airplay, auch wenn dieses heutzutage nicht mehr soviel Gewicht besitzt wie noch vor ein paar Jahren. Breitwand-Indiepop, mitreißend, infektiös und mitsingtauglich. In die gleich Kerbe schlägt „Walk Over The Alps“, welches direkt aus der französichen Hitschmiede namens Phoenix entsprungen scheint. Auch das Duett „Let’s Fall In Love“ steht breitbeinig da und knarzt im Bassbereich.

Aber es sind für mich gerade die eher ruhigeren Stücke, die diese Platte besonders machen. Allen voran „The Choir“, eine düstere Ballade rund um Mord, Schmerz und Trauer, großartig instrumentiert und packend vorgetragen. Das folgende „Julien“ wirkt dagegen fast wie ein Kontrapunkt. Locker, leicht, verspielt, den verlorenen Jugendfreund vermissend. Mit rumpeligem Computerbeat und Ukulele vorgetragen und an die großen Zeiten eines Phillip Boa erinnernd. Auch hier ist die Instrumentierung zurückgenommen und lässt dem Song die nötige Luft zum Atmen. Nach dem bereits erwähnten „Walk Over The Alps“ fällt die Platte zwar zum Ende hin etwas ab, aber bevor sich Enttäuschung breit machen kann, setzt Simon Konrad noch einmal einen absoluten Gänsehautkandidaten ans Ende. „Life In Reverse“ beginnt knisternd, schleppt sich dahin, verbreitet mit seinem stampfenden Beat und den fetten Synthies eine leicht morbide Athmosphäre. Ganz großes Ding.

„Dance/Sleep“ ist nach „On.Off.On.Off.“ wieder eine ganz große Platte geworden. Zum wiederholten Male legte ich mit keinerlei Erwartung eine eher unscheinbare CD in den Schacht und wurde positiv überrascht. Zwar schimmern hier und da die Referenzen etwas zu deutlich durch die polierte Außenhülle, aber gerade mit den eher ruhigeren und düsteren Songs wissen die Frankfurter zu überzeugen.

Highlights: „Life in Reverse“, „The Choir“, „Julian“

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Kommentare

Eine Antwort zu „Kritik: Cargo City – „Dance/Sleep““

  1. Wir sind ja musikalisch nicht immer gleich gepolt, aber diesmal triffst du den Nagel auf den Kopf. Solang die Songs mitreißen, sind hörbare Referenzen ja nebensächlich. Feine Platte, an die ich mit wohlwollender Erwartung herangegangen – und dennoch sehr positiv überrascht wurde. Viel besser als das gute Vorgängeralbum.