Kritik: A Forest – Grace

Seit mehreren Monaten ist das Bandprojekt A Forest dabei, musikalische und administrative Wege zu erkunden. Damals starteten die Musiker Arpen, Fabian Schuetze und Friedemann Pruss ein Projekt, in welchem es darum ging, die verschiedenen Phasen des Entstehungsprozesses eines Albums offen zu legen. „Ein Album entwickelt sich, genauso wie ein Buch ab der ursprünglichen Idee durch verschiedene Phasen des Schreibens, Verwerfens und Lektorierens geht. Hier machen wir diese Phasen sichtbar und stellen unterschiedliche Versionen von Songs vor. Ob rohe Skizzen, ein Mix für eine Online-Veröffentlichung, Songtexte oder das Freigeben einzelner Spuren zum Bearbeiten, Samplen und Remixen – Es geht darum, am Strom teilzuhaben, zu kommentieren, zu bearbeiten. Wir denken damit die Idee des unabhängigen, selbstständigen Musikers neu.“ So heißt es im dazugehörigen Manifest.

Begleitend zur transparenten Arbeit am Album sollte ein virtuell wachsender Wald den Prozess der Vernetzung zwischen Band und Fans darstellen, indem mit jedem gestreamten Song, mit jedem Konzertticket und jeder gekauften Platte der Wald weiter wächst. Die Rechnung ist einfach: 100 Samen sind 1 Blatt. 100 Blätter sind ein Baum. Für einen Stream bei Spotify gibt es 1 Samen, für ein T-Shirt zum Beispiel 15 Blätter. Aktuell besteht der Wald aus 97 Bäumen. Starke Idee.

Vor knapp einer Woche ist das Album „Grace“ erschienen. Ich muss zugeben, dass ich den Entstehungsprozess nicht verfolgt habe, denn dazu bin ich zu spät eingestiegen. Ich stehe wie fast immer vor vollendeten Tatsachen und höre mir das Album an. Und bin beeindruckt.Die zwei männlichen Stimmen, das Schlagzeug, die Synthesizer und die Samples sind perfekt aufeinander abgestimmt und erzeugen einen unwiderstehlichen Sog.

Das auffälligste Merkmal ist die Stimme Schützes. Ich kann diesem Mann, den viele von euch sicher von seinem anderen Projekt Me And Oceans kennen, ja stundenlang zuhören. Er könnte im Prinzip singen was er möchte, und ich würde ihm gebannt an den Lippen hängen (ok, bei Polonaise Blankenese steige ich aus). Die Ergänzung durch die Stimme Arpens erzeugt stellenweise wohlige Schauer. Die Instrumentierung klingt nach Electronica, Singer-Songwriter, Soul, HipHop-Beats und Minimal Techno. Das für mich stärkste Stück ist die Single „The Shepherd“, welches mit spärlichen Piano-Sprengseln, Moloko-Quak-Bass und einem tollen Refrain aufwartet. Ich mag die Idee des virtuellen Waldes, bewundere den Entstehungsprozess der Songs und liebe das Ergebnis in Form des vorliegenden Albums.

Hier könnt ihr das komplette Album streamen.

8/10

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