Kritik: Ja, Panik – LIBERTATIA

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Das letzte Album „DMD KIU LIDT“ von Ja, Panik erschien vor fast drei Jahren und gilt als eine der besten deutschsprachige Veröffentlichungen der letzten Jahre. Ich habe dieses Album erst Ende letzten Jahres entdeckt und bin noch immer schwer begeistert. Es endete mit den Worten: Du kannst zuhören, oder gehen, nur sei still, ach, sei so lieb, da kommen noch ein paar Strophen, an denen mir mehr als an allen anderen liegt. Danach folgte Stille. Minutenlang. Dieser großartige Song hinterlässt mich immer wieder aufs Neue mit diversen Fragen, Ahnungen, Emotionen und dem starken Wunsch, diese Reise um die Welt noch einmal zu erleben.

Inzwischen ist die Band zum Trio geschrumpft. Zwei Mitglieder verloren, dafür mit neuem Sound zurück: “”Wir wussten, dass wir etwas ändern müssen”, so Sänger Andreas Spechtl. “Als Band waren wir schon an einem Punkt, wo wir wussten, dass wir nicht noch so eine Platte machen können wie “DMD KIU LIDT”. (Vienna.at)

Die Großbuchstaben sind auf dem neuen Album LIBERTATIA geblieben. Bei Libertatia handelt es sich um einen Ort in Madagaskar, eine anarchistischen Kolonie, die gegen Ende des 17. Jahrhunderts von Seeräubern auf der vergeblichen Suche nach einer alternativen Lebensgemeinschaft gegründet worden sein soll und welche im Buch „A General History Of The Robberies And Murders Of The Most Notorious Pyrates“ geschildert wird. Alle Bewohner hatten die gleichen Rechte, niemand wurde diskriminiert. Ob dieser Ort jemals existiert hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Als Idee von einer Welt, die es so wahrscheinlich nie geben wird, dient Libertatia als innerer Ort, an den man sich flüchten kann, wenn einem die Welt mal wieder über den Kopf wächst.

Wo wir sind ist immer Libertatia.
Worldwide befreit, von jeder Nation.
Wo wir sind ist immer Libertatia.
One world, one love, Libertatia.

Der Sound hat sich gegenüber dem Vorgänger geändert. Hier klingt alles viel luftiger, ungefährer und stellenweise auch tanzbarer als auf DMD KIU LIDT. Mal ist es eine The Edge-Gitarre, mal ein Saxofonsolo oder ein Keyboard, das den Fan des bisherigen Bandsounds irritiert. Ich brauchte eine Weile, bis sich mir dieses neue Werk erschloss und ich erkannte, das die Wut, die diese Band immer auch ausgemacht hat, auf dieser Platte ebenfalls stattfindet. Sie ist nur anders verpackt. Hier wird einem Honig um den Bart geschmiert, man wird zum Tanzen aufgefordert und zum hemmungslosen Genuss. LIBERTATIA ist ein leichtfüßiges, unbefangenes und gutgelauntes Popalbum geworden. Und irgendwann, in einem unachtsamen Moment, da fragt man sich: Moment einmal! Was hat er da gerade gesungen?

9/10

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