An einem Mittwoch Mitte der Neunziger (ich war 15) nahm mich ein Freund mit auf ein Konzert einer mir bis dahin völlig unbekannten Band aus Norwegen. „So Rockmusik mit toll verzerrt aber manchmal auch sehr schön balladig“. Das klang gut und traf in meiner Vorstellung genau meinen Geschmack – vor allem das „toll verzerrt“. Hartnäckig hatte ich mit meinen Eltern verhandelt und durfte (immerhin) bis 1.00 Uhr weg.
Das Konzert fing spät an und ich hatte noch eine ca. 1stündige Fahrt mit Bahn und dem letzten Bus zu bewältigen, um rechtzeitig wieder zuhause zu sein. Landleben. Ich bekam von dem Konzert exakt 25 Minuten mit. Trotzdem wars danach anders als vorher – so, als hätte diese Band meine bisherigen Hörgewohnheiten durcheinandergerührt und noch ganz viele seltsame andere Klangzutaten hinzugefügt. Ich war begeistert. Es sollten in den nächsten Jahren noch um die 30 weiteren Konzerte dieser grandiosen Band für mich folgen.
Die Band: MOTORPSYCHO.
Bis zum Ende der Neunziger, also über einen Zeitraum von nur 5 Jahren, veröffentlichten Motorpsycho 4 Alben (darunter 2 Doppelalben) und ca. 6 EPs, die mir völlig neue musikalische Welten eröffneten. Mit einer unglaublichen Intensität, Leidenschaft und Nachdruck versammelten sich hier psychedelische Viertelstundenräusche, krachender GaragenHardNoiseRock, tieftraurige Wohnzimmer-4-Spur-Elegien, und … hach, einfach alles.
Das tolle war, dass die Band mindestens 2x pro Jahr auf Tour ging, was besagter Freund und ich dann auch beherzt ausnutzten. Die Freude und Faszination steigerte sich mit jeder neuen Tour und Platte immer mehr, so dass wir begannen, Motorpsycho hinterherzureisen und die Band so oft an mehreren Abenden in Folge (und oft in mehreren Ländern in Folge) erlebten. Aus finanziellen und allgemeinen Freiheitsgründen war das Reisemittel der Wahl das Trampen, und um Schlafplätze nach den Konzerten hatten wir uns natürlich auch nicht gekümmert, so dass wir oft unsere Tour-Nächte auf Garagendächern, in Einkaufspassagen, auf Parkbänken oder unter Brücken verbrachten. Glücklich und beseelt, versteht sich, wir hatten schliesslich ein Motorpsycho-Konzert gesehen. Meistens jedenfalls – es kam natürlich auch vor, dass uns lange niemand beim Trampen mitnahm und wir so pünktlich zur Zugabe in den Konzertraum stolperten. Das war dann eher oll… Vor allem, wenn es zusätzlich noch regnete und die Einkaufspassagen alle verschlossen waren…Ich glaube, wir waren Fans …
Nun steht hier nicht wirklich viel über die Musik, die Motorpsycho in dieser Zeit machten. Aber die kann man sich ja auch einfach anhören. Wenn das nicht sowieso schon der Fall ist…
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