Interview: The Wave Pictures

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The Wave Pictures sind eine meiner Internet-Entdeckungen des Jahres 2008 gewesen. Ihr aktuelles Album „Instant Coffee baby“ steckt voller kleiner Indie-Perlen mit viel Charme und einem Augenzwinkern. Und wird von mir immer noch gerne gehört. Im April erscheint jetzt mit „If You Leave It Alone“ die neue Single des Trios. Dieser Song ist der Titeltrack des im Mai folgenden neuen Albums der Band. Ich stellte dem Sänger David Tattersall ein paar Fragen zur neuen Platte, zu Berlin, zum Internet und zu seiner Liebe zu kleinen Plattenläden.

nicorola: Hallo. Danke, das du dir die Zeit nimmst, mir einige Fragen zu beantworten. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?

David: Hallo, ich bin David Tattersall, der Gitarrist und Sänger der Wave Pictures.

nicorola: Ihr habt gerade euer neues Album fertiggestellt. „If You Leave It Alone“ wird im Mai erscheinen. Seid ihr zufrieden?

David: Ja, wir sind sehr glücklich. Dieses Album ist eines der besten Dinge, die ich jemals gemacht habe.

nicorola: Was sind deiner Meinung nach die Hauptunterschiede zwischen dem neuen Album und dem direkten Vorgänger „Instant Coffee Baby“?

David: „If You Leave It Alone“ ist irgendwie wärmer. Das Album hat mehr Akustikgitarren und Hörner. Im Vergleich zu „Instant Coffee Baby“ ist es außerdem homogener, mehr ein Album als eine Ansammlung von Songs. Meine Stimme ist wärmer, nicht mehr so verzerrt. Ich bin sehr stolz auf beide Alben, aber ich bevorzuge „If You Leave It Alone“. Die Platte strahlt einfach ein nettes Gefühl aus. Es ist eine sehr musikalische Platte, sie klingt irgendwie natürlicher in meinen Ohren. Ich rechne damit, das mir nicht unbedingt jeder zustimmen wird und das einige sich etwas unsicher in Bezug auf die Platte sein werden. Aber wir werden sehen. Ich rechne mit einiger Kritik, aber ich hoffe, das viele Leute sie mögen werden.

nicorola: Eure Songs klingen sehr reduziert, man hört jedes einzelne Instrument. Was sind eigentlich deine musikalischen Einflüße?

David: Nun, ich habe es schon immer geliebt, bei einem Song jedes Instrument zu hören. In letzter Zeit habe ich eine Menge Jazz gehört. Ich liebe es, wie auf Jazz-CDs jeder einzelne Musiker vorgestellt wird. Dieser an der Trompete, jener am Piano, dieser am Bass und jener am Schlagzeug. Wenn du dann die CD einlegst, gibt es da keine weiteren Instrumente oder Effekte. Du kannst jeden einzelnen Musiker hören, sogar die Art der Verständigung untereinander, ja du kannst hören, wo sie im Raum stehen. Das ist etwas, was ich sehr mag. Außerdem höre ich eine Menge Folk und Blues und Live-Alben. Das ist mein Ding. Ich mag Musiker, speziell Gitarristen. Men Musikgeschmack ist breit gefächert. Daher macht es für mich Sinn, das wir unsere Platten ebenfalls so aufnehmen. In Zukunft möchte ich sogar, das unsere Platten noch reduzierter klingen, vielleicht läßt sich sogar jede Art von Overdubbing vermeiden. Aber ich bin mir unsicher, wie sich das entwickeln wird und was von uns erwartet wird. Obwohl ich Pop-Songs mag, mag ich die Produktion der meisten Pop-Songs nicht.

nicorola: Kannst du dir vorstellen, das ihr in Zukunft mehr auf Keyboards, Synthies und Computer zurückgreift? Oder vielleicht sogar etwas in Richtung Dance-Music produziert?

David: Oh, natürlich kann ich mir das vorstellen. Ich habe in der Vergangenheit schon eine Menge Keyboards benutzt. Und bei den Aufnahmen zu „Instant Coffee Baby“ spielte ein Computer eine wichtige Rolle. Aber um ehrlich zu sein, war es in meinem bisherigen Leben als Musiker und Fan eher der Sound von ein paar Leuten, die zusammen in einem Raum stehen und live spielen, den ich bevorzugt habe. Am liebsten auf alten Instrumenten. Speziell Gitarren. Ich bin nicht sehr angetan von elektronischer Musik. Nicht das ich etwas dagegen hätte, es ist einfach nur nicht mein Ding. Mich würde es eher interessieren, wie die Wave Pictures klingen, wenn wir noch mehr in die andere Richtung gehen. Noch mehr Live-Feeling, weniger Effekte. Aber wir werden sehen.

In Bezug auf Dance-Music: ich denke alle unsere Platten sind sehr tanzbar. Zu einem Wave Pictures-Album kann man hervorragend tanzen. Unsere Musik ist groovy. Sie hat einen Beat und sie fährt dir in die Füße.

nicorola: Wie ist eigentlich die Stimmung innerhalb der Band nach der Fertigstellung der neuen Platte und im Hinblick auf die bevorstehende Tour?

David: Die Stimmung in der Band ist optimistisch und vergnügt.

nicorola: Habt ihr eigentlich irgendwelche Rituale vor einer Show?

David: Nein. Zählt Bier trinken als Ritual? Ich bin mir da nicht sicher.

nicorola: Eure Texte sind oft lustig, seltsam, ein wenig impressionistisch und charmant. Gibt es eigentlich Dichter und Texter, die dich inspirieren? Woher kommt deine eigene Inspiration?

David: Es gibt einige Texter, die ich sehr mag. Lou Reed ist einer. Bob Dylan. Mein Freund Stanley Brinks. David Berman. John Darnielle. Ich mag textorientierte Songs. Ich achte hauptsächlich auf die Texte, wenn ich Songs in englisch höre.
Ich denke bis zu einem gewissen Punkt wurde ich von allen Songs beeinflußt, die ich jemals gehört habe. Aber am meisten inspiriert mich der Schreibprozess selber. Es ist verdammt spannend, etwas zu schreiben und es dabei so zu verfassen, das es mich selber interessiert. Immer wieder um die Wörter herumstreunen. Mit nichts zu beginnen und am Ende zufrieden zu sein. Die Inspiration kommt vom Prozess selber, das macht Spaß und ist sehr befriedigend. Und natürlich ist es großartig, am Ende den fertigen Text vor anderen Leuten zu singen. Das macht Spaß.

nicorola: Soweit ich weiß, habt ihr euer neues Album in Berlin aufgenommen. Warum eigentlich?

David: Nun ja, das ist einfach der Ort, an dem unsere Freunde Clemence Freschard und Stanley Brinks leben. Clemence hat das Album aufgenommen und produziert.

nicorola: Was magst du an Berlin?

David: Ich mag die türkische Linsensuppe, die man dort bekommt. Ich mag die Freundlichkeit gegenüber Fahrradfahrern. Außerdem mag ich die breiten Straßen in Kreuzberg, auf denen immer etwas los ist, auch die ganze Nacht hindurch.

nicorola: Wo habt ihr während der Aufnahmen gelebt?

David: Wir haben das Album in der Wohnung von Clemence Freschard aufgenommen. Während der Aufnahmen haben wir uns auf dem Flur aufgehalten. Vielleicht solltest du wissen, das wir das Album in nur zwei Tagen aufgenommen haben. Danach haben wir Berlin verlassen. Nachdem wir weg waren, hat Clemence noch etwas an den Songs gefeilt und Stanley Brinks hat die Hörner eingespielt. Danach hat Clemence noch ein wenig Zeit mit der Abmischung verbracht. Sie hat ein paar Wochen daran gearbeitet. Aber der Teil, den Jonny, Frantic und ich eingespielt haben, war schnell erledigt. Ein großer Teil meiner Zufriedenheit mit dieser Platte rührt daher, das wir nicht so viel Arbeit reingesteckt haben. Ich denke, es ist ein Fehler, zu lange mit den Aufnahmen zu verbringen. Meiner Meinung nach sollten Alben schnell und einfach eingespielt werden. Harte Arbeit und vor allem Stress sollte man vermeiden, soweit möglich. Solange man die Arbeit vorher in das Songwriting gesteckt hat, steht einem kurzen und schmerzlosen Aufnahmeprozess nichts im Wege. Die Aufnahmen waren für uns eher eine kleine Party. Wir stehen bei Clemence in tiefer Schuld für ihre harte Arbeit und ihr gutes Gehör.

nicorola: Habt ihr euch eigentlich nur auf die Aufnahmen konzentriert oder hattet ihr Zeit, durch die Bars zu ziehen oder euch andere Bands anzuschauen?

David: Wir haben ein wenig Zeit damit verbracht, in ein paar Kneipen oder in den Parks etwas zu trinken, aber die meiste Zeit haben wir Musik gemacht.

nicorola: Wenn ich mir eure Tourdaten so anschaue, dann kann ich mir schwer vorstellen, das ihr noch andere Jobs habt. Kannst du von der Musik leben?

David: Wir können so gerade eben als Musiker überleben. Wir müssen so viele Shows spielen, damit wir unsere Miete bezahlen können. Zum Glück lieben wir alle dieses Leben. Wir lieben es, auf der Bühne zu stehen und auf Tour zu sein. Ich kann es kaum erwarten, wieder unterwegs zu sein und ein paar Shows zu spielen. Wir haben seit einem Monat keine mehr gespielt, und ich kann es kaum noch abwarten.

nicorola: Was denkst du als Musiker eigentlich über die aktuelle Lage der Musikindustrie? Was denkst du über iTunes, Tauschbörsen, eMusic, MP3s? Bietet das Bands wie euch Vor- oder eher Nachteile?

David: Ich benutze alle diese Sachen nicht. Ich bin dem gegenüber eher abgeneigt. Ich mag das Inernet nicht besonders. Meiner Meinung nach hat es weder den Musikern noch den Fans wirklich geholfen. Ich zum Beispiel mag Plattenläden. Kleine, unabhängige Plattenläden. Die Art von Läden, die aufgrund der vielen Downloads schließen mussten. Ich mag außerdem die Merchandisingtische bei Konzerten. Diese Art von Dingen mag ich. Dieses Download-Ding bringt mir irgendwie nichts. Das ist etwas, mit dem sich andere Leute beschäftigen. Ich weiß, das unsere Alben von diversen Leuten heruntergeladen wurde, aber das interessiert mich eigentlich nicht besonders. Das ist ok. Aber ich habe damit nichts am Hut. Ich bevorzuge es, mir Alben in einem greifbaren Format zu kaufen, eine Person die mir in die Augen schaut, wenn sie mir etwas verkauft. Ich mag Kassetten, Vinyl und CDs. Ich habe ja nicht einmal einen Computer.

nicorola: Denkst du, es könnte eure Popularität steigern, wenn ihr eure Songs umsonst verteilen würdet?

David: Natürlich könnte es unsere Popularität steigern, aber ich bevorzuges es, mit ein paar Fans ein wenig Geld zu verdienen als mit einer Menge Fans gar keines. Um dir die Wahrheit zu sehen, blicke ich schon mit ein wenig Zynismus auf die heutigen Zustände. Ich erinnere mich noch daran, als keiner das internet benutzte. Ich erinnere mich sehr gut daran. Es war eine gute Zeit. John Peel war am Leben und es gab überall kleine Plattenläden.

nicorola: Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft deine Band betreffend?

David: Das Ziel ist es, immer weiter machen. Ich liebe Musik. Ich habe bisher nichts gefunden, was mir mehr Spaß macht. Ich möchte weiterhin mit meinen Freunden Musik machen.

nicorola: Bitte nenne eine Band oder einen Künstler, den deiner Meinung nach mehr Leute hören sollten.

David: Mississippi John Hurt.

nicorola: Möchtest du meinen Lesern noch etwas sagen?

David: Im Moment eigentlich nicht.

nicorola: Vielen Dank für das Interview!

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