Sven Missulllis ist der Kopf hinter REEBOSOUND, dessen selbstbetiteltes Album seit August zum kostenlosen Download inkl. Cover auf der Seite www.reebosound.de bereit steht. Und mir haben die 12 Indie-Rocksongs so gut gefallen, das ich dachte: „Den Mann mußt du interviewen.“ Also habe ich mich überwunden und eine E-Mail geschrieben. Und Missu war tatsächlich bereit, mir ein paar Fragen zu beantworten.
nicorola: Dein neues, selbstbetiteltes Album mit 12 Songs und knapp 30 Minuten Spielzeit steht unter www.reebosound.de zum kostenlosen Download bereit. Siehst Du in diesem Schritt eine Chance oder eher eine Notwendigkeit?
Missu: Ich denke von beidem etwas. Ich war aus dem Studio zurück und habe mir Gedanken gemacht, was ich nun mit den Aufnahmen anstellen will. Sicher hätte ich es auch nett gefunden, die CD mit einem Label im Rücken pressen zu lassen, aber da ich Reebosound erst im Winter 2005 offiziell ins Leben gerufen habe und auch erst im Februar dieses Jahres begonnen habe erste Konzerte zu geben, hatte ich als Unbekannter einfach keine Lust dazu, Labels anzuschreiben und diesen ganzen Kram durchzuziehen. Ausserdem wollte ich die CD so schnell wie möglich und auf dem einfachsten Weg zu Gehör bringen, und dafür ist das Internet einfach fantastisch geeignet. Desweiteren habe ich mich auch dazu entschlossen weil ich bei der CD – abgesehen vom Mix und der großen Hilfe von Willi Dammeier im Studio – alles alleine gemacht habe, und so fand ich den Gedanken schön, für diese CD weiterhin alleine verantwortlich zu sein, was auch bedeutet, dass ich die Songs überall kostenlos anbieten kann und damit anstellen kann was ich möchte, ohne das mir jemand dazwischen funkt. Schließlich geht es bei Musik in erster Linie darum, dass sie gehört wird. Dafür mache ich sie zumindest.
nicorola: Über welchen Zeitraum sind die Songs entstanden?
Missu: Der größte Teil ist von 2005 und 2006. Es sind aber auch ein paar ältere dabei, die ich einfach loswerden wollte. Der mit Abstand älteste Song ist „Number“. Der muß so um 2001 entstanden sein. Hat mich aber nie losgelassen, und so habe ich ihn schließlich mit aufgenommen. Dadurch daß ich, wie gesagt, ein paar ältere loswerden musste, gibt es auch eine ganze Reihe neuer Songs, die bis zum nächsten Mal warten müssen. Aber so haben sie auch noch etwas Zeit zu reifen.
nicorola: Du hast alle Instrumente im Alleingang im „Institut für Wohlklangforschung“ in Hannover aufgenommen. Hast Du auch alleine produziert?
Missu: Ja, ich habe auch alle Songs selber produziert.
nicorola: Wie kann man sich bei Dir den Aufnahmeprozess vorstellen? Eher wie eine Bürotätigkeit mit festen Zeiten oder hast Du quasi im Studio gewohnt?
Missu: Ich habe dort so gut wie gewohnt und bin nur kurzzeitig zum schlafen nach Hause gefahren. Meistens stand die Sonne dann allerdings schon relativ hoch. Generell nutze ich lieber die Nacht um aufzunehmen. Ich kann nicht genau sagen warum, aber irgendwas ist anders, wenn man nachts aufnimmt. Es ist ruhiger und entspannter als am Tag … die Nacht ist irgendwie unabhängiger…
nicorola: Bist Du mit dem Ergebnis zufrieden?
Missu: Inzwischen schon. Nachdem der Mix fertig war hatte ich anfangs so meine Probleme mit gewissen Sachen. Ich war einfach nicht mehr objektiv, nachdem ich die Songs so oft gehört hatte. Also habe ich die fertigen Aufnahmen vor der Online-Veröffentlichung an ein paar Freunde gegeben und sie nach ihrer Meinung gefragt. Die Reaktionen waren gut bis sehr gut. Das habe ich mir zu Herzen genommen und alles so gelassen, ein Cover gemacht und dann alles zusammen ins Internet gestellt. Manchmal ist es schwierig, wenn man für jedes Instrument und alle Stimmen selber verantwortlich ist. Man hört jede kleine Unsauberkeit. Dennoch wollte ich keine zu saubere Platte machen und habe bewusst darauf verzichtet irgendwas zu editieren, sprich zu schneiden, wenn mal etwas nicht richtig auf die Eins kommt oder unsauber im Anschlag oder vom Ton ist. Ich wollte einen natürlichen Trashfaktor bewahren.
nicorola: Wo siehst Du deine musikalischen Einflüße?
Missu: Sicherlich in allem was ich gehört habe und noch immer höre. Früher habe ich viel Punk und Hardcore gehört, dann kam Rock dazu, elektronisches, ein bisschen Klassik…alles mögliche, was mir gefällt. Natürlich spiegelt sich das nicht alles in meiner Musik wieder, aber darum geht es auch gar nicht. Wenn ich Songs mache denke ich nicht nach. Ich mache sie und entweder sie gefallen mir und ich behalte sie, oder sie sind Schrott.
Um ein paar Musiker/Bands zu nennen, die ich sehr schätze, fallen mir spontan David Bowie, Dinosaur Jr., Melvins, Cardigans, Royal Trux, Gorillaz oder Dackelblut ein… Das könnte ich jetzt ein paar Seiten so fortsetzen und mit Sicherheit habe ich gerade die wichtigsten vergessen…
nicorola: In Deinen Texten geht es oft um das Alles-hinter-sich-lassen, um das Auflehnen oder das Resignieren. Verarbeitest Du eigene Erfahrungen?
Missu: Zu einem gewissen Teil schon, der Rest ist Fiktion. Es fällt mir manchmal leichter über Dinge zu schreiben, die vielleicht bedrückend wirken, als über fröhlich-leichtes. Manche Dinge könnten anders laufen in unserer Welt, aber ich möchte nicht den Zeigefinger heben. Jeder trägt ja irgendwie seinen Teil dazu bei, dass es ist wie es ist. Vermutlich besteht ein Teil der allgemeinen Probleme aus mangelnder Kommunikation, falschem Stolz und Ängsten und der Schwierigkeit, damit umzugehen. Aber darauf möchte ich jetzt nicht näher eingehen. Ich mache Musik, und in erster Linie geht es mir um die Musik und die Melodie. Ich bin noch kein besonders geübter Texter. Daher dauert der Text bei meinen Songs meist am längsten.
nicorola: Du warst in den vergangenen Monaten auf Tour, u.a. im Juli auch in Berlin. Wie war die Resonanz? Bist Du zufrieden?
Missu: Ja, es war sehr schön. Allerdings habe ich das Berlin Konzert absagen müssen, weil in dem Laden nur ein akustisches Konzert möglich gewesen wäre. Ich habe zwar schon Reebosound-Konzerte unplugged gespielt, mit Begleitung oder solo, bin aber gerade nach den neuen Aufnahmen zu dem Schluss gekommen, dass die aktuellen Songs bei den Konzerten nur mit Band Sinn machen. Zur Zeit bin ich mit meiner neuen Liveband fleissig am Proben, und die nächsten Konzerte sind bereits in Planung.
nicorola: Wie steht es mit anderen Projekten, z.B. „The Psychedelic Avengers“?
Missu: Die Psychedelic Avengers sind ein ganz wunderbares Projekt. Eine ganz andere Herangehensweise als z.B. bei Reebosound oder bei andern Bands, mit denen ich spiele oder gespielt habe. Bei den Avengers geht es in erster Linie darum, die Songs für die CD zu machen, ohne dabei den Liveaspekt zu berücksichtigen. Ein riesiges Projekt mit fantastischen Musikern aus vielen Teilen der Welt. Jeder trägt seinen Teil zum Ganzen bei. Im Allgemeinen spiele ich sehr gerne mit unterschiedlichen Musikern zusammen und habe Spass an verschiedenen Projekten. Ob es nun für eine einmalige Session in irgendeinem Proberaum ist, oder etwas Umfangreicheres, spielt dabei erstmal keine Rolle. Der Ausgleich in einer Band oder in einem Projekt zu spielen, in dem man „nur“ seinen Teil des Instruments ausmacht und nicht wie bei einem Soloprojekt alles zurecht legt, ist sehr wichtig für mich. Sich zurück zu nehmen ist das wirklich Spannende am Musik machen. Ich habe lange gebraucht das zu verstehen 🙂 Meinen musikalischen Mittelpunkt bildet allerdings Reebosound. Alles andere kommt dahinter und geschieht drumherum….und das ist gut so, denn vermutlich könnte das eine ohne das andere nicht so richtig auskommen.
nicorola: Vielen Dank für das Interview.
Das Album REEBOSOUND gibt es hier zum kostenlosen Download. Alternativ könnt ihr euch die CD für den fairen Preis von 5,- Euro + Versand bestellen.
Kommentare
4 Antworten zu „Interview: REEBOSOUND“
Vielen Dank Max, ich werde es versuchen.
Tolles Interview! Könntest du übrigens öfter machen, das steht dem Blog irgendwie gut zu Gesicht. 🙂
Nein, hatte ich noch nicht. Hab’s am Sonntag gelesen aber keine Zeit gefunden darüber zu schreiben. Danke für die Erinnerung!
Hi Nico,
Off Topic, aber hast du das hier schon?
http://www.heise.de/newsticker/meldung/77980