Interview: Get Well Soon

An diesem Freitag erscheint mit „Rest Now Weary Head You Will Get Well Soon“ das Debüt von Get Well Soon. Dramatischer Indie-Pop aus Deutschland, der nicht umsonst allerortens hochgelobt wird. Hinter diesem Projekt steckt Konstantin Gropper, welcher so freundlich war, mir ein paar Fragen zu seiner Musik zu beantworten.

nicorola: Hallo. Danke, das du dir die Zeit nimmst, mir einige Fragen zu beantworten. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?

Konstantin: Mein Name ist Konstantin Gropper. Ich bin 25 Jahre alt und lebe in Berlin. Mein musikalisches Projekt heißt Get Well Soon.

nicorola: Get Well Soon ist eine sechsköpfige Band. Wenn ich richtig informiert bin, ist dies aber nur live der Fall, die Songs entstehen in Eigenregie. Inwieweit bist Du beim Songwriting ein Eigenbrötler?

Konstantin: Live ist Get Well Soon meistens sogar eine siebenköpfige Band. Auf Platte mache ich aber das meiste selbst. Was das Songwriting angeht, könnte man mich tatsächlich als eigenbrötlerisch bezeichnen. Ich habe die Songs schon immer allein geschrieben. Da ich beim Songwritings meistens schon den fertigen Song mit Arrangement im Kopf habe, habe ich festgestellt, dass es auch am effektivsten ist, wenn ich den Song auch allein fertig stelle. Ich habe nämlich ein großes Problem damit, Unfertiges Anderen zu präsentieren.

nicorola: Wie ist deine Band zusammengekommen?

Konstantin: Die Band besteht aus Familie und Freunde. Meine Schwester und mein Cousin sind dabei, der Rest sind mehr oder weniger langjährige Freunde. Dass es auch menschlich harmoniert ist mir wichtig, da muss ich nicht so als autoritärer Chef auftreten, bzw. würde ich als solcher nicht ernst genommen. Und das ist auch gut so.

nicorola: Wie würdest Du dem unbedarften Musikhörer deine/eure Musik beschreiben?

Konstantin: Ich versuche in meiner Musik möglichst viele verschiedene Einflüsse und Aspekte unterzubringen. Ich zitiere, collagiere und kontrastiere gern. Grundsätzlich ist mein musikalischer Ansatz eher ein ernster. Ich denke, auch das hört man der Musik an. Also: tendenziell eher ruhiger, folkloristischer Pop mit vielen mehr oder weniger weit reichenden Ausflügen nach rechts und links des Wegesrandes.

nicorola: Was sind Deine Einflüße?

Konstantin: Auf diesem Album würde ich da in erster Linie verschiedene Folklore und Klassik nennen. Das ganze fußt dann aber doch auf meiner Indierock-Sozialisation.

nicorola: Ich muss das fragen: Du bist Absolvent der Popakademie in Mannheim. Inwieweit hat das Studium dein Musikverständnis bzw. dein Songwriting beeinflußt?

Konstantin: Mein Songwriting hat das überhaupt nicht beeinflusst. In diesem Studium soll es eher um theoretische Grundlagen, hauptsächlich zum Musikgeschäft gehen. So habe ich das zumindest verstanden. Wenn es mein Musikverständnis verändert hat, dann dahingehend, dass man dort Musik auch in diesem kommerziellen Kontext sieht. Was ja grundsätzlich nicht verkehrt ist. Nur dann, wenn der Aspekt Überhand gewinnt. Aber zu wissen, wie die Branche funktioniert, in der man gezwungen ist, sich zu bewegen, ist schon von Vorteil. Aber musikalisch „geformt“ wird man dort nicht. Das wäre ja auch noch schöner.

nicorola: Worum geht es in deinen Texten und was inspiriert dich dazu?

Konstantin: In meinen Texten wird meistens eine Situation analysiert, und das zugegebenermaßen mit meist eher schlechten Diagnosen, um dann einen Ausweg zu finden. Ich verstehe meine Texte als in ihrer Konsequenz positiv. Meistens inspiriert mich ein einzelner Satz, den ich irgendwo aufschnappe und dann weiter assoziiere und dann eine Geschichte drum herum baue. Den ursprünglichen Satz weiß ich am Ende meist selbst nicht mehr.

nicorola: Ich konnte mir „Rest Now Weary Head…“ schon anhören und bin begeistert. Im 2. Teil läßt Du es eher etwas ruhiger angehen. Wie wichtig ist Dir die Dramaturgie eines Albums?

Konstantin: Auf jeden Fall sehr wichtig. Das ganze soll Anfang und Ende haben und auch in der Dramaturgie Sinn ergeben. Es ist jetzt kein Konzeptalbum, aber ich habe mir schon so meine Gedanken dazu gemacht. Das macht für mich immer ein Stück der Wertigkeit eines Albums aus, wenn man eine sinnvolle Spannungskurve erkennt. Ein Album wird es ja auch erst im Zusammenhang. Alles andere sind Compilations.

nicorola: Wie lange hast du an dem Album gearbeitet?

Konstantin: Ab dem Zeitpunkt, als ich beschlossen hab, nun ein Album zu machen und auch doch ein wenig konzeptuell Songs zu schreiben und zu sammeln, ging es dann noch ungefähr ein halbes Jahr bis es fertig war. Dazu muss ich aber sagen, dass ich das so neben meinem „normalen Leben“ und Studium her gemacht habe. Deshalb hat sich das auch etwas gezogen.
Die Songs sind in ihrer Urform teilweise schon bis zu 4 Jahren alt.

nicorola: Wie kann ich mir den Aufnahmeprozess vorstellen?

Konstantin: Die Aufnahme hat bei mir im Schlafzimmer auf dem Laptop stattgefunden. Ich habe immer mal wieder daran gearbeitet, wenn ich gerade Zeit hatte. Als die Arrangements fertig waren, habe ich dann so viel programmierte Instrumente wie möglich durch echte ersetzt und musste mir dafür auch teilweise Hilfe holen, für Trompeten und Geigen etwa. Ein echtes Schlagzeug ist bis heute nicht drauf, das hätte ich in meinem Zimmer ja auch nicht aufnehmen können.

nicorola: Was reizt dich an Neuinterpretationen bekannter Songs?

Konstantin: Wenn ich einen Song mag und denke, dass ich eine Version aus ihm machen kann, die sich vom Original unterscheidet, aber dennoch Sinn macht, dann reizt mich das. Im besten Fall kann ich dem Song eine neue Dimension hinzufügen. Was natürlich nicht heißt, dass ich ihn dadurch verbessere.

nicorola: Warum „Born Slippy Nuxx“ von Underworld?

Konstantin: Genau aus diesem Grund: Weil ich glaubte, aus dem Song eine Dimension herausarbeiten zu können, die im Original nicht unbedingt im Vordergrund steht. Für mich hat der Underworld-Track immer schon eine melancholische Note gehabt, etwas Manisches, Psychotisches, Nihilistisches. Ich dachte mir, dass kann man auch anders darstellen.
Außerdem ist es eine Art Hymne meiner Generation.

nicorola: Ab dem 18. Januar ist dein Album offiziell erhältlich. Wie fühlst Du dich: bist Du eher nervös, gespannt oder erleichtert?

Konstantin: Definitiv alle drei Dinge. Was am ehesten kann ich nicht sagen. Ich habe das Album vor mittlerweile eineinhalb Jahren fertiggestellt. Da bin ich am ehesten zufrieden, dass es endlich erscheint, denke ich.

nicorola: Dein Debüt ist Platte des Monats in 2 großen Musikmagazinen, der Musikexpress nennt dich den „Indie-König von Deutschland“. Wie stehst Du zu dem ganzen Wirbel um deine Person bzw. deine Platte?

Konstantin: Bisher ist der Wirbel gottseidank noch eher um die Musik als um mich. Ich hoffe, das bleibt so. Darum geht es ja auch. Und ich freue mich natürlich. Es besteht großes Interesse an Get Well Soon an den verschiedensten Richtungen, das ist toll. Das zeigt mir, dass mein Ideal davon, die Musik vielschichtig zu gestalten irgendwie funktioniert. Mich wundert es immer wieder bei wie vielen verschiedenen Menschen die Musik etwas auslöst.

nicorola: Du bist bei City Slang unter Vertrag, denn laut deinen Worten geht es nicht ohne ein Label im Rücken. Wie siehst du die gegenwärtige Lage der Industrie und der Künstler?

Konstantin: In die Mühlen der Krise der Musikindustrie bin ich ja bisher noch nicht geraten. Vielleicht solltest du mich das ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung noch mal fragen. Ich glaube, die klassische Musikindustrie hat sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Das ist aber auch die logische Konsequenz des Kulturschaffens innerhalb des Kapitalismus. Orientierung am Massengeschmack, Stildiktat und all das musste ja zum Kollaps führen, das haben Adorno und Horkheimer ja schon vor 70 Jahren prophezeit.

Ich glaube aber auch und hoffe es natürlich, dass Labels, die schon immer auf Qualität gesetzt haben und sich an ihren eigenen Geschmack gehalten, nicht so sehr davon betroffen sind. Da schließ ich mich denjenigen Idealisten an, die sagen: Für Qualität sind die Leute auch bereit zu zahlen. Darauf bin ich als Newcomer immer noch angewiesen. Da mach ich mir nichts vor: hinter all dem besagten Wirbel steckt auch ne Menge harter Arbeit.

nicorola: Möchtest du meinen Lesern noch etwas sagen?

Konstantin: Ich hoffe euch gefällt mein Album. Hört’s euch mal an.

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MP3:
If This Hat Is Missing (I Have Gone Hunting)

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Kommentare

  1. Avatar von nicorola
    nicorola

    Danke für den Hinweis!

  2. Avatar von Uli

    Auf der Myspaceseite kann man sich auch gerade das Album anhören.