Mit ihrem neuen Album „Still Night, Still Light“ haben Au Revoir Simone ein wundervoll leichtes, zartes und ergreifendes Album abgeliefert. Gegenüber dem Vorgänger gibt es hier eine Ernsthaftigkeit und Düsternis, die ich so auf dem Debüt nicht wahrgenommen habe. Ich fragte Erika, woher diese neue Düsternis kommt, wie sie ihre Songs schreiben, ob sie jemals Gitarren benutzen werden und was sie von Berlin hält.
nicorola: Hallo. Danke, das du dir die Zeit nimmst, mir einige Fragen zu beantworten. Kannst du dich bitte kurz vorstellen?
Erika: Ich bin Erika, singe und spiele Keyboard (das machen wir allerdings alle drei).
nicorola: Euer neues Album ist gerade in Deutschland erschienen. „Still Night, Still Light“ klingt ein wenig düsterer als „The Bird of Music“. Wie siehst du das, was sind die Hauptunterschiede zwischen diesen beiden Alben?
Erika: Wir hatten eine Menge Spaß beim Songwriting und bei den Aufnahmen zum neuen Album. Aber, naja, ich denke, es ist wirklich anders als „Bird Of Music“. Wir wußten, was wir wirklich wollten. Vielleicht wirkt es etwas düsterer, weil es ernsthaftere Situationen thematisiert. Stärkere Gefühle zu Themen wie Erinnerung, Wissen, Liebe und Distanz. Und es gibt auch soundtechnische Unterschiede. Immer wenn auf dem letzten Album etwas nicht richtig klang, dann haben wir Sound auf Sound geschichtet, bis es passte. Auf dem neuen Album brauchten wir das nicht zu machen, denn wir haben alle Elemente vorsichtiger ausgewählt und es fügte sich eines zum anderen. Aus diesem Grund ist alles irgendwie ein wenig intimer.
nicorola: Ihr beschreibt eure Musik als „dreamy electronic lo-fi keyboard pop“. Was sind eure musikalischen Einflüße?
Erika: Wir sind alle von anderen Dingen beeinflußt, aber ich denke die gemeinsame Zeit im Proberaum mit coolen Instrumenten und das Beisammensein allgemein inspiriert uns am meisten. Wir hören alle sehr unterschiedliche Musik, von Philip Glass und 70er Folk über tradionelle indische Musik bis hin zu Prog Rock und Indie. Das alles kommt in unseren Songs zum Vorschein, denke ich.
nicorola: Ich nehme mal stark an, das ihr Computer in eurem Alltag benutzt. Verwendet ihr sie auch für eure Musik?
Erika: Wir nutzen Computer für unsere Aufnahmen und Demos. Für uns Shows lieben wir es aber live zu spielen, alle drei mit Keyboards. Wir haben genug Hände, um das alleine zu bewältigen. Die Drums kommen von Drum Machines aus den Sechzigern, die wir ein wenig aufpeppen, indem wir zum Beispiel den Bass verstärken.
nicorola: Könnt ihr euch vorstellen, jemals Gitarren oder ein richtiges Schlagzeug zu benutzen?
Erika: Nach und nach integrieren wir andere Instrumente in unsere Musik. In unserer neuen Liveshow spiele ich in dem Song „Shadows“ Bass, während Heather ein Becken schlägt und Annie für einen anderen Song auf eine Box tritt, in der sich ein Mikrofon befindet. Vielleicht werden wir die Box bald gegen eine richtige Bassdrum austauschen. Außerdem haben wir eine Menge Instrumente gesammelt, und wir lernen zusammen Akkordeon, Zither, Dulcimer und andere Instrumente. Aber für unser Album brauchen wir nichts anderes als unsere Keyboards.
nicorola: Das Magazin Musikexpress beschreibt eure neue Platte als „puren Folk, so ganz ohne Folkmittel“. Kannst du dem zustimmen?
Erika: Nun, unser Produzent hat immer von einer elektronischen Folk-Platte gesprochen, aber er meinte Folk ohne Folk-Instrumente. Das scheint richtig, denn wir nähern uns den Melodien auf einer sehr folkigen Art. Das trifft auch auf die Interaktion zwischen Instrumenten und Gesang zu.
nicorola: So kurz nach Fertigstellung des Albums und quasi direkt vor der Tour: wie ist die Stimmung in der Band?
Erika: Momentan sind wir in Paris. Gestern haben wir in dem Studio, in welchem Serge Gainsbourg viele Sachen aufgenommen hat, einen tollen neuen Song eingespielt. Heute drehen wir mit Jean Benoit von AIR ein Musikvideo und heute abend feiern wir meinen Geburtstag in einer coolen neuen Bar in der Bastille. Unsere Tour in Eurpa war fantastisch und wir freuen uns auf eine Woche Ruhe, bevor es in den USA weitergeht.
nicorola: Habt ihr irgendwelche Rituale, bevor ihr auf die Bühne geht?
Erika: Wir versuchen immer, einen kleinen gemeinsamen Moment zu haben, nach unseren Stimmübungen. Nur um kurz „have fun with it“ zu sagen, genau wie es Keith von We Are Scientists macht. Das ist unsere Zauberformel.
nicorola: Ihr habt eure neuen Songs auch in Deutschland gespielt. Gibt es eigentlich irgendwelche Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Fans?
Erika: Ich weiß nicht….auch Shows innerhalb New Yorks können sehr unterschiedlich sein. Aber in München im Atomic Café hatten wir einige sehr fantastische und mitreißende Fans. Auch Berlin war klasse. Der Lichtmann in Berlin hat einen klasse Job gemacht und die Nacht fühlte sich an wie ein Traum. Ich liebe es, in Deutschland aufzutreten. Außerdem mag ich es, welche Fragen uns bei euch in Interviews gestellt werden. Die Leute scheinen wirklich viel nachzudenken und sind ernsthaft an uns als Menschen/Band interessiert. Und Radio 1 ist fantastisch.
nicorola: Hattet ihr in Berlin ein wenig Zeit, euch die Stadt anzusehen? Was denkst du über Berlin?
Erika: Ich liebe Berlin. Heather und ich waren vor Jahren einmal für ein paar Wochen in Kreuzberg, um an einem Projekt mit einem deutschen Komponisten zu arbeiten. Dieses Mal waren wir allerdings nur eine Nacht hier, aber meine Freunde haben mich zum Ballhaus mitgenommen, zu einer Swing Dance Night. Das war wirklich großartig. Und bei Mondschein durch die Straßen mit diesen alten Gebäuden zu laufen….das ist nahezu perfekt!
nicorola: Euer Lied „Sad Song“ ist für den Soundtrack von „Keinohrhasen“ verwendet worden, ein sehr erfolgreicher deutscher Film. Hast du ihn gesehen oder davon gehört?
Erika: Ja, wir fanden es extrem cool, auf dem Soundtrack vertreten zu sein. Außerdem mag ich den Song von Keane, „Everybody’s Changing“. Allerdings habe ich den Film bisher nicht gesehen.
nicorola: Kannst du dir vorstellen, das ihr einen Soudtrack schreibt oder zusammenstellt? Was für ein Film oder Genre würdest du wählen?
Erika: Wir fänden es sehr spannend, an Musik für einen Film mitzuarbeiten. Meine Lieblingsregisseure sind die Sofia Copollas und Wes Andersons dieser Welt. Filme, die sich mit dem Bizarren beschäftigen, der Menschlichkeit und der Beobachtung des Lebens.
nicorola: Wie schreibt ihr eigentlich eure Songs? Kommen die Songs und Lyrics von euch allen?
Erika: Ja. Einige Songs entstehen auf magische Weise im Proberaum, während wir Spaß beim herumspielen haben, andere entstehen eher im stillen Kämmerlein und werden dann gemeinsam ausgearbeitet. Bei den Texten verhält es sich genauso, manchmal schreiben wir sie zusammen, manchmal alleine, aber am Ende fühlen sich alle Song nach Gemeinschaftsarbeit an.
nicorola: Woher kommt eure Inspiration?
Erika: Von uns dreien, der Natur, Schönheit, Herzschmerz, Anmut.
nicorola: Annie hat in einem anderen Interview gesagt, sie wäre früher ein Hardcore-Kid gewesen und hat ein Fanzine herausgebracht.Denkst du, Blogs sind so etwas wie das moderne Fanzine? Liest du welche, und wenn ja, welche?
Erika: Ja, dem stimme ich zu. Allerdings habe ich selber keine Zeit, Blogs zu lesen. Aber es gibt ein paar ganz großartige.
nicorola: Denkst du, es könnte eure Bekanntheit steigern, wenn ihr Songs kostenlos zum Download anbietet?
Erika: Ja. Aber ich denke, es hängt davon ab, ob du bereits bekannt bis oder nicht.
nicorola: Bitte nenne eine Band oder einen Künstler, den deiner Meinung nach mehr Leute hören sollten.
Erika: Frida Hyvonen.
nicorola: Möchtest du meinen Lesern noch etwas sagen?
Erika: xoxo!!
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