Es ist keine große Überraschung, das nach dem gestrigen Urteil des Supreme Court weltweit die Sektkorken (oh, pardon, natürlich Champagnerkorken) in den Chefetagen der Musik- und Filmindustrie knallen.
Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände, meldet sich mal wieder zu Wort: „Die Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs ist ein Durchbruch für die Pirateriebekämpfung im Internet und bestätigt die Auffassung der Musikwirtschaft. […] So genannte Tauschbörsen können für die Millionen von Urheberrechtsverletzungen, die dort täglich verübt werden, zur Verantwortung gezogen werden.“
Der IFPI-Chairman John Kennedy greift sogar noch höher: „Dieses Urteil ist ein Meilenstein und zugleich die wichtigste Entscheidung für die Musikbranche in den letzten 20 Jahren.“ (musikwoche)
Aber ist das wirklich ein klarer Sieg? Was genau sagt dieses Urteil eigentlich über die Zukunft der Tauschbörsen aus? Richter David Souter in seiner Urteilsbegründung:
„Wir sind zu der Überzeugung gelangt, dass jemand, der eine Sache zur Verfügung stellt und damit wirbt, dass man damit Urheberrechte verletzen kann – durch die klare Aussage oder durch andere motivierende Schritte – für die daraus resultierenden Rechteverletzungen Dritter verantwortlich ist.“(netzeitung)
Mit diesem doch recht frei interpretierbaren Urteil gibt man den Fall zurück an niedrigere Instanzen – ohne eine klare Definition.Das „Betamax-Urteil“ bleibt außerdem weiter in Kraft.
„Anfang der Achtziger Jahre war entschieden worden, dass Geräte mit substanziellem legalen Nutzen auch dann verkauft werden dürfen, wenn mit ihnen Urheberrechte verletzt werden können. Seinerzeit hatte dies den Siegeszug des Videorecorders in den USA erst möglich gemacht.“ (netzeitung)
Können wir jetzt eine Klagewelle der Industrie gegen Softwarefirmen erwarten? Mit Sciherheit. Aber wo macht sie dann halt? Was ist mit Herstellern von CD-Rohlingen, MP3-Playern, Chatprogrammen?
Spannend ist auch die Anwendung gegenüber den erfolgreichen Netzwerken Bittorrent und eDonkey. Wen will man da vor den Kadi ziehen?
Sollte die Musikindustrie meinen, das Problem wäre damit aus der Welt, so denke ich doch, das ist eine Fehleinschätzung. Aber da es ihr ja Spaß macht, vor Gericht zu ziehen, ist dieses Urteil ein gefundenes Fressen.
Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, wie Rechtsexperten dieses Urteil auslegen. Es bleibt auf jeden Fall spannend. Ein wichtiger Punkt noch: das Urteil ist wohlgemerkt nur für die USA gültig.
mehr: Wired
Kommentare
2 Antworten zu „Die Musikbranche freut sich“
Hi Nixmann.
Du hast recht, Billy Corgan und sein Wunsch nach einer Pumpkins-Reunion ist sicher eine Meldung wert. Das wollte ich eigentlich im Zusammenhang mit einer Rezension des Soloalbums machen, aber irgendwie habe ich immer noch nicht so einen richtigen Zugang zu der Platte gefunden. Kommt aber hoffentlich noch.
Kritik an der Musikindustrie ist ja schön und gut, aber man sollte dabei die wirklich gute Musik nicht aus den Augen verlieren. Denn wenn Billy Corgan ankündigt, dass er die Smashing Pumpkins wiederauferstehen lassen will, dann ist das eine Meldung wert finde ich.