Lange mussten wir auf das erste richtige Soloalbum der Portishead-Sängerin Beth Gibbons warten. Bereits vor 11 Jahren wurde das Werk angekündigt, jetzt ist es endlich fertig.
Die Platte setzt dort an, wo Portisheads Album Third von 2008 aufgehört hat, jedoch klingen die Songs um einiges wärmer. Lives Outgrown ist eine Sammlung verletzlicher Reflexionen, unterstützt von sanften Folk-Klängen, frühem Jazz und düsterem Post-Rock.
Gibbons‘ Stimme klingt exponierter als je zuvor, durchdrungen von Erfahrung, Angst und Trauer. Das Album ist ein verzweifeltes Porträt des Alterns, Gibbons verpackt Geschichten von Liebe, Bedauern und Unruhe in gedämpfter, melancholischer Pracht.
Die zentrale Single Floating on a Moment endet damit, dass eine bedrückende Zeile von einem traurigen Kinderchor vorgetragen wird: „We’re all going to nowhere“. Ein wenig später betrachtet Lost Changes den unerbittlichen Marsch der Zeit und schließt daraus, dass „time changes, life changes, life changes things.“
Die Produktion ist eindrucksvoll, mit dicken Basslinien und fein abgestimmten Drums. Aber es knarzt, leiert und rumpelt mitunter gewaltig, allerdings ohne die maschinelle Wucht einiger Portishead Songs zur erreichen.
Doch diese reichen und atmosphärischen Arrangements schaffen es nicht ganz, die mitunter sehr dezenten Gesangsmelodien vollständig auszugleichen. Sie sind langsam und zögerlich, besonders im Vergleich zu den gelegentlich tänzelnden Gitarren, der tollen Percussion von Lee Harris (Talk Talk) oder den Streichern.
Mehr von dieser instrumentalen Energie in den Gesangsparts hätte das düstere Songwriting aufgehellt, das nach vierzig Minuten etwas bedrückend zu werden beginnt.
Dennoch gefällt mir Lives Outgrown, Gibbons Stimme klingt so gut wie eh und je und vermag es, jeder ihrer poetischen Erzählungen über das Leben Dramatik abzuringen. Das ist große Kunst.
7/10
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